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Wenn die Enkel erben, wählen sie dann ÖVP und SPÖ?

Die Verwertung von Vermögen zur Abgeltung von Pflegekosten schmerzt. Die Abschaffung löst kein Problem.

Ronald Barazon

Die Pension und das staatliche Pflegegeld genügen nicht, um die Pflegekosten zu finanzieren. Also werden zusätzliche Mittel benötigt. Ist die Familie überfordert, dann springen die Bundesländer und unter Umständen auch die Gemeinden ein.

Und holen sich über den sogenannten Pflegeregress nach dem Tod des Pfleglings zum Ausgleich das Vermögen. In manchen Fällen müssen auch nahe Verwandte zahlen.

Dieses System wurde nun von der Regierung mit Hilfe der Opposition beseitigt. Die Abschaffung wird jetzt von ÖVP und SPÖ gleichermaßen als Verdienst gefeiert. Somit stellt sich die Frage, bei wem man sich denn am Wahltag für diese Wohltat bedanken soll? Beide kann man nicht ankreuzen.

Die entscheidende Frage lautet: Wer sind denn die Nutznießer dieser Neuerung? Die Pfleglinge selbst haben keinen Nutzen, nur die Freude, dass die Eigentumswohnung nach dem Abgang doch dem Enkel bleibt. Die tatsächlichen Profiteure sind folglich die Enkel. Und eine dritte Frage: Realisieren alle Enkel, welche Freude ihnen die Koalition in ihren letzten Zuckungen noch bereitet hat?

Der Pflege selbst haben die beiden um Wähler buhlenden Parteien einen denkbar schlechten Dienst erwiesen.

Was die Pfleglinge brauchen, ist eine Ergänzung zur Pension und zum staatlichen Pflegegeld, um die Kosten tatsächlich finanzieren zu können. Dafür sollte eine private Pflegeversicherung sorgen. Diese gibt es zwar, wird aber kaum gekauft, obwohl bei einem frühen Einstieg die Prämien gering sind.

Um das Publikum von der Notwendigkeit zu überzeugen, würde sich als Anstoß eine zeitlich begrenzte Förderung empfehlen. Die Kosten kann man am Aufwand für die "prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge" ablesen - es ginge um etwa 40 Millionen Euro im Jahr.

In der Folge könnten viele die Pflegekosten ohne zusätzliche Hilfe bestreiten und es käme auch nicht zu einem Pflegeregress. Der Staat müsste nur mehr für jene einspringen, die keine Pflegeversicherung hätten. In dieser Gruppe ist auch in der Regel kein Vermögen vorhanden, das im Regress zu holen wäre.

Die 40 Millionen jährlich als Starthilfe ist die Regierung nicht bereit zu beschließen. Aber sie kündigt an, jährlich 100 Millionen aus dem Bundesbudget zu zahlen, um den Ausfall zu ersetzen. Die Bundesländer erklären, dass ein Vielfaches zu zahlen sein wird.

Diese Politik ist ein Pflegefall. Am Rande vermerkt: Die Enkel profitieren auch zu Lebzeiten der Pfleglinge. Das staatliche Pflegegeld ist Bargeld, das oft für Handy rechnungen der Jungen statt zur Bezahlung von Pflegepersonal verwendet wird.