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Werden die Fracking-Gegner zu Fracking-Anhängern?

Erdgas schont die Umwelt. Die Alternativen genügen nicht. Kernenergie wird abgelehnt. Also gehört Erdgas die Zukunft.

Ronald Barazon

"Fracking" wurde in den vergangenen Jahren zum Symbol für brutale Umweltvernichtung. Heute verändert Fracking den Energiemarkt und ist paradoxerweise auf dem Weg, einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

Fracking bedeutet die Gewinnung von Öl und vor allem von Erdgas aus Schiefer. Die traditionelle Förderung konzentriert sich auf verfügbare Öl- und Gasreserven. Fracking erschließt mit Wasserdruck und chemischen Mitteln im Gestein gebundene Reserven.

In Österreich, Deutschland, Frankreich und anderen Ländern ist Fracking verboten. Man befürchtet im Gefolge von Fracking Erdbeben, die Verschmutzung des Grundwassers und andere Schäden. In den USA wird die Methode in großem Stil angewendet.

Die Krise 2008 und der Verfall der Energiepreise brachten die Sparte unter Druck. Auch die nutzbaren Mengen wurden infrage gestellt. Die Fracking-Gegner zeigten sich sehr zufrieden. Plötzlich ist aber alles anders. Die US-Schiefer-Öl-Industrie hat sich nach Rationalisierungen erholt und weist seit einigen Monaten Überschüsse aus.

Die Internationale Energie-Agentur in Paris schätzt, dass die USA in den kommenden fünf Jahren die Produktion auf 900 Milliarden Kubikmeter steigern werden, das wären 22 Prozent des erwarteten Weltbedarfs. Dann werden die USA etwa 450 Milliarden exportieren.

Außer den Problemen mit Fracking wird auch die Distanz zu den Abnehmern, etwa in Europa, als Behinderung der US-Anbieter genannt. Pipelines sind über die langen Distanzen unrentabel. Möglich wären die Verflüssigung bei minus 162 Grad, der Transport mit Schiffen und die Wiedervergasung in den Verbraucherländern.

Dieser Vorgang sei doch viel zu teuer, hieß es lange. Jetzt wird betont: Moderne Gas-Tanker können mit einem Teil des transportierten Flüssigerdgases günstig angetrieben werden. Die Folge: Die US-Gaswirtschaft dürfte zum attraktiven Lieferanten für Europa werden.

Die kürzlich gegen die russische Gaswirtschaft verhängten US-Sanktionen werden da wohl hilfreich wirken: Die Gazprom liefert im Jahr 250 Milliarden der insgesamt in der EU inklusive Norwegen und der Ukraine verbrauchten 600 Milliarden Kubikmeter. Der Titel in der Moskauer Wochenzeitung "Argumenti i Fakti": "Sie gehen auf unser Gas los!"

Am Erdgas kommt der Umweltschutz nicht vorbei. Bei der Erzeugung von 1000 Kilowattstunden Strom aus Erdgas fallen nur 350 kg
CO2 an, bei Braunkohle sind es 1200 kg, bei Steinkohle 600, bei Öl 550 kg. Nachdem die alternativen Energieträger nicht die gesamte Versorgung schaffen, werden sich die Umweltschützer vielleicht für Fracking begeistern.