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Wie lange jammern wir noch auf hohem Niveau?

Ronald Barazon

rWohlig duften noch die Weihnachtsstollen nach Vanillezucker. Schon werden die Köstlichkeiten für Silvester vorbereitet. Bis zum siebten Tag des Jahres wird auch das nächste Jahr eigentlich nicht beginnen. Welch ein Paradies.

Da wagen es Kleingeister, zu klagen und von Problemen zu reden. Sie kommen ohnehin nicht weit, denn ihre Kassandra-Rufe werden in dem beliebten Schlachtruf erstickt: "Ja, ja, aber wir jammern doch auf hohem Niveau."

Nachdem die Welt erwartungsgemäß nicht untergegangen ist, bietet sich ein Plädoyer für die Kritiker und änderungswütigen Reformer an. Deren Hinweise auf Mängel und die Notwendigkeit ihrer Behebung sollten nicht als Störung des wohligen Glücks empfunden werden, vielmehr als Beitrag zur Sicherung des vermeintlichen Schlaraffenlandes Beachtung finden.

Für Unternehmen wie für Staaten oder Bundesländer gilt ein Naturgesetz, das als mystisch empfunden wird, aber nicht weiter erstaunlich ist: Eine funktionierende Einrichtung verträgt Schwächen, sonst wäre sie keine funktionierende Einrichtung. Allerdings kann man nie genau feststellen, wie viele Mängel verkraftbar sind und welche Lücke wann das Gebäude gefährdet.

Kippt aber das Gleichgewicht zwischen Stärken und Schwächen, dann wird unweigerlich die gesamte Institution immer schneller und immer tiefer in die Krise und meist auch in den Untergang getrieben. Somit erweist es sich als weise, auftretende Probleme zu lösen, auch wenn sie vorerst noch nicht als gravierend empfunden werden.

Dieses Naturgesetz wird derzeit vielfach schlicht und einfach nicht zur Kenntnis genommen. Besonders die staatlichen Institutionen in Europa sind der trügerischen Illusion verfallen, man müsse Probleme nicht zur Kenntnis nehmen, wobei Österreich keine Ausnahme bildet. Diese Illusion wird mit drei schäbigen und gefährlichen Instrumenten verteidigt.

Das eine Instrument hat Tradition: Man plündert über hohe Steuern und Abgaben die Privathaushalte und die Unternehmen. Das zweite gibt es auch schon länger, wird aber erst in jüngster Zeit in erschreckender Weise eingesetzt: Man produziert Milliarden Euro, denen keine Werte gegenüberstehen.

Nachdem die Staaten die Probleme nicht lösen, kommen sie mit den beiden ersten Instrumenten nicht aus und setzen ein drittes ein: Sie spekulieren, um die trotz der hohen Steuern und der hohen Kredite verbleibenden Löcher durch Gewinne im Casino zu schließen. Salzburg ist da keine Ausnahme. Hohe Steuern zahlen die Bürger schon jetzt, die Spekulationsverluste werden sie über noch höhere Steuern bezahlen und die Geldschöpfung werden sie über höhere Preise ausgleichen.

Vielleicht sollte man doch Kritiker jetzt ernst nehmen, statt in absehbarer Zeit den unvermeidlichen Seufzer ausstoßen zu müssen: "Wie konnte das nur geschehen, gestern war doch alles noch so schön."