Dunkel ist's in der leeren Kirche, nur der Hochaltar ist schwach angeleuchtet. Und ganz still um mich - am Vorabend zum 1. Advent. Um Punkt 5 Uhr der erste Glockenschlag. Die Kleinste im Turm meldet sich, mit hellem Klang und doch ein wenig zaghaft. Aber vielleicht dämpft auch nur der dichte Schneefall die Lautstärke?
Nach und nach gesellen sich die drei größeren Schwestern dazu und schwellen zu einem mächtigen Akkord heran. Und trotzdem - ungewohnt leise beginnt heuer der Advent. Ganz ohne die gewohnten Turmbläsergruppen, ohne Standl vor dem Pfarrhof mit Glühwein, Punsch und Zelten, ohne die vielen Menschen aus dem Ort, die zum Adventeinläuten sonst immer gekommen sind.
Noch nie habe ich den Adventbeginn so bewusst erlebt. Beschäftigt mit Vorbereitungen für Veranstaltungen, blieben in anderen Jahren weder Zeit noch Aufmerksamkeit für das wunderbare Geläut, das nun an meine Ohren dringt. Nach wohlüberlegter Choreografie bringt unser guter Mesner die Glocken zum Klingen - einzeln als Symbol für die vier Sonntage der Vorweihnacht, aber auch im vollen Geläute. Eine altvertraute Weise drängt sich in mein Zuhören: Rorate coeli desuper, et nubes pluant justum - Tauet, Himmel, von oben, ihr Wolken, regnet den Gerechten!
Doch als nach dem Verstummen der Glocken aus der Turmstube plötzlich adventliche Weisen einer Posaune ertönen - sehr zur Freude der kleinen Gruppe, die sich um unseren Herrn Pfarrer versammelt hat -, spürt man es auch deutlich: Der Advent beginnt! Trotz allem. Tröstlich.
Joch Weißbacher

