Jedes Haus hat einen Gartenzaun und lässt nicht Türen und Fenster offen, hat der Kandidat gesagt, wegen der Flüchtlinge. Sein Satz ist natürlich falsch - politisch vielleicht auch, aber ganz sicher grammatikalisch. Ein Haus kann keinen Zaun haben. Ein Hausbesitzer ja; aber ein Haus hat eh Mauern, die das Innere von der Welt trennen. Und erst recht kann ein Haus nichts offen lassen. Außer der Kandidat meint, wenn er von "jedes Haus" spricht, so etwas wie "Servas, oiads Haus". Solch eine billige Verhaberung widerspräche einem Wahlkampfcredo. Da heißt es ja, dass man Wählerinnen und Wähler respektiere, ihre Sorgen ernst nehme. Das wird, mit voller Absicht, es wegen äußerer Zwänge zu vergessen, wenn es drauf ankommt, unverdrossen dahingeplappert. Womit auch das eigentliche Problem von Zäunen beschrieben ist: Sie schützen die Außenwelt tadellos vor dem Zaunbauer. Man muss sich nicht fürchten, was so einer auf seinem Grund und Boden tut, weil er sich eh nicht weiter hinauswagt. Blöd für Zaunbauer ist, dass Zäune vieles können, aber sie sind ungeeignet zur Geräuschabwehr. Da könnten Wände helfen, aber die werden gerade alle entlang von Autobahnen verwendet. Es steht trotz der akustischen Durchlässigkeit außer jedem Zweifel, dass der Gartenzaun (und alle seine Verwandten) zu den bedeutendsten Errungenschaften der Zivilisation gehören. Den Beweis liefert z. B. Afrika, wo es so gut wie keine Zäune gibt (woraus die Zaunbauer messerscharf schließen, dass es dort auch mit der Zivilisation nicht weit her sein kann), und den wichtigsten Beweis liefern Baumärkte an den Stadträndern, wo die Zaunbau-Zivilisation gern flaniert. Das dortige Angebot für Material, mit dem man sich erfolgreich eingrenzen kann, reicht vom Flechtzaun bis zur undurchsichtigen Holzwand. Für jeden etwas dabei. Ideal für eine risikoreiche, aber effiziente Eingrenzung der kleinen, eigenen Welt bleibt der Klassiker "Maschendrahtzaun" (der noch effizientere Stacheldrahtzaun leidet ja doch unter einer gewissen gesellschaftlichen Ächtung). Nachteile gegenüber hermetischen Holz- oder Bretterzäunen haben die weitmaschigen Drahtzäune aber für jene, die im Gartenzaun nicht bloß ihre territorialen Ansprüche zementieren wollen (ohne Fundament der Stempen gilt ein Zaun unter Profis ja nicht als Zaun). Vielen geht es beim Zaunbau auch um einen Sichtschutz. So ist gewährleistet, dass sie von der Außenwelt nicht zu viel mitbekommen müssen. Weil die Welt jenseits des Gartenzauns ist gefährlich und eine einzige Überforderung. Ein Garten, bitte schön, auch wenn er groß wie ein ganzer Staat ist, hat hauptsächlich Rückzugsort zu sein. Eine Idylle muss er sein für seine Benutzer, scheißegal, was auf der anderen Seite los ist.
Daheim hinter dem Gartenzaun
Ein Zaun. Einzäunen. Und schon ist sie verschwunden, die wahre Welt.
