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Das Richtige im Falschen bleibt richtig

Zum Unterschied zwischen echt und echt erlebt am Beispiel Bahnhof.

Bernhard Flieher

"Wir waren am Bahnhof", erzählt eine Bekannte. Wegen einer Reise. Und wegen der Flüchtlinge, die dort aller Wahrscheinlichkeit nach zu treffen sind, hat ihre Tochter, dreizehn, zwei alte Puppen mitgenommen. "Zum Herschenken", sagt die Tochter, "ich brauch s' nimma." Ich bin, das muss ich gestehen, ein Freund solcher unmittelbaren Erfahrungen mit der Welt. Ich bin fürs Hinschauen, auch wenn es wehtut, fürs Riechen, fürs Reden, um daraus erst ein Weltbild entstehen zu lassen. Quasi ein Unmittelbarkeits-Native bin ich, im Gegensatz zu den Digital-Narren, die daran glauben, immer nur einen Klick oder eine Breaking News von der sogenannten Wahrheit entfernt zu sein. Das ist allerdings bequemer. Da muss man nicht Ängste überwinden und sich dem anderen, was man nicht kennt, direkt stellen. Da kann man immer das Gleiche anklicken, so lang, bis man's glaubt, weil man gar nichts anderes vorkommen lässt. "Am Bahnhof war dann was los", sagt die Bekannte. Die zwei Puppen hatten schnell neue Freundinnen. "Wollen S', dass die es sich hier gemütlich machen mit Puppenküche?", sagte eine Passantin. "Nein, ein bisserl helfen wollten wir", hat die Tochter meiner Bekannten gesagt. "Genau! Helfen. So was Deppertes. Das haben S' bestimmt in so Gutmenschen-Nachrichten gehört, oder?", hat die Passantin kopfschüttelnd geschnauzt. "Bestimmt", hat die 13-Jährige zurückgeschnauzt.