Womöglich hat das hier jetzt eine Anklage wegen Landesverrat zu Folge, aber trotzdem: Der Marcel Hirscher ist bei uns daheim nicht sooo begehrt wie angeblich im Rest des Landes. Da kann der Hirscher nichts dafür. Es ist eine Zeitfrage. Und es liegt auch an Mikaela Shiffrin. Lolinger findet die Shiffrin sehr super. Und weil man dann doch nicht zu viel Zeit mit dem Anschauen von Skirennen verplempern will, konzentrieren wir uns auf Shiffrin-Auftritte. So fällt der Hirscher dann weniger durch seine Rasanz und Fahrtechnik auf, sondern wenn er etwas sagt, das über diese wirklich fein studierten Nach-dem-Rennen-Zielraum-Formeln aus dem Lehrbuch für lächelndes Nichtsagen hinausgeht. Das ist so ähnlich wie beim Unterhaltungsprofi Andreas Gabalier. Der muss einem auch nicht durch seine so genannte Kunst auffallen, aber dann schon, wenn er, der von Massen umjubelte aktuelle Anführer der Schlagerwelt, ein politisches Thema anspricht. Aber ums allgemein interessante Politische geht's beim Hirscher eh nicht. Er fiel diese Woche mit dem Satz auf: "Mittlerweile reicht's ein bissl." Es ging um die Absage irgendwelcher Rennen, das ist eine rein interne Sache in der kleinen Welt des alpinen Skisports. Aufschlussreicher als das Thema ist allerdings, dass der Hirscher, der gern als eine Art Weltstar angepriesen wird, mit so einem Satz plötzlich als der totale Österreicher dasteht. Was soll das nämlich heißen, wenn einem etwas "ein bissl reicht"? Da bremst einer seiner Ärger aus, der sonst immer der Schnellste sei soll. Denn das ist ja die von Gott und Skiverband verfügte Daseinsberechtigung heimischer Skisportler. Und jetzt sagt der Beste, Schnellste, Härteste unter ihnen, dass es ihm "ein bissl" reicht. Nichts Ganzes. Nichts Halbes. Keine rasante, bedingungslose Schussfahrt, sondern eine Art Durchmogeln, ein seitliches Abrutschen, um es Ski-Deutsch zu formulieren. Hirscher übernimmt - eher unbewusst, darf vorausgesetzt werden - also eine spezielle Art Verantwortung als Aushängeschild für sein Land. Wenn sich der aktuell schnellste Gewinnertyp über eine für ihn durchaus existenzielle Gemeinheit wie eine Rennabsage aufregt und es ihm dann doch nur "ein bissl reicht", dann ist alles in bester Ordnung. Dann sind der Grundzustand und der innere Frieden des Landes, in dem so gern alles ein bisserl erledigt wird, nicht in Gefahr. Schön gesagt haben das kürzlich auch zwei Gemeindearbeiter der Stadt Salzburg. Die wurden bisher freilich nicht so prominent zitiert wie Hirscher. Aber das ändere ich hiermit. Durch ihren Arbeitseinsatz zwangen mich die beiden kürzlich vom Rad zu steigen. Sie hatten mitten auf dem Radweg einen Kanalschacht geöffnet. Der eiserne Deckel lag links vom Schacht, rechts davon machte das geparkte Einsatzfahrzeug ein fahrendes Vorbeikommen unmöglich. Also schob ich das Rad und fragte, was los sei.
Der eine sagte, dass irgendwas im Kanalschacht ein bisserl kaputt sein müsse. Und der andere ergänzt: "Das werde ma flott ein bissi herrichten müssen." Ich fahr seither über keinen Kanaldeckel mehr.