Dass ich Grant nicht kenne, bestätigt gerne jederzeit mein nächstes Umfeld, soll ich im Auftrag eben dieses Umfeldes schreiben: Sonst glaubt das ja keiner! Zum Beispiel muss meine Frau zuletzt öfters Fragen beantworten, ob ich denn nicht grantig sei, jetzt, da ich mit dem Rad gestürzt bin, beide Hände lädiert sind und ich zeitweise gerade noch allein aufs Klo gehen konnte (nachdem jemand beim Öffnen von Gürtel und Hosenknöpfe geholfen hat) und ich bloß recht langsam meine Glossen tippen kann. Was und vor allem auf wen bitte soll ich denn da grantig sein? Auf mich, also Selbstgeißelung nach einem deppert selbst verschuldetem Radunfall? Ja so weit käm's noch. Anderseits: Es fühlt sich - wie mir da der Grant unterstellt wird, als folge der einem Automatismus - schon so an, dass es längst so weit gekommen ist. Man hört ja, dass die Leute überfordert sind mit der Welt und also mit dem Ich in dieser Welt. Wie sonst ist es erklärbar, dass es für jedes Lebensfeld Coaches gibt? Dass etwa schon für Kleinkinder ein unüberschaubarer Markt an Unterhaltungsangebot existiert? Jetzt, da ich so alt werde, dass Erinnerung schon erlaubt ist, frage ich mich: Wie konnte meine Generation überhaupt Mitte 40 werden, ohne all diese Angebot? Wie überlebten wird ohne pädagogische Konzepte das wilde Räuber&Gendarm-Spielen? Was hätte aus uns werden können, hätten wir statt Fahrradreparieren im Kindergarten Chinesisch gelernt? Vielleicht sind wir was geworden, weil es viel weniger gab, das Anlass für Grant und Überforderung gegeben hat. Für Zorn schon, für einen heiligen Furor, der oft zum Guten führt, weil er nicht so lätschert wie der Grant dahin grummelt, sondern ordentlich auf den Putz haut, weil er einer Revolution gleicht. Davon sind wir weit entfernt. Und Grant ist bloß Zeitverschwendung. Das fiel mir ein, als ich zur Therapie musste. Wegen der lädierten Hände bekam ich eine Ergotherapie verschrieben bekommen. Da zeigen einem äußerst freundliche, kompetente Frauen im Unfallkrankenhaus, wie man seine Handgelenke und Finger nach Prellung und Bruch in Schwung bringen kann. Und jetzt, da ich diese Glosse schreibe, merke ich, dass die Therapie schon wirkt und wie mich die Freundlichkeit der behandelnden Fingerexpertin beeindruckte. Dieses Gefühl wäre mir entgangen, hätte es mich nicht vom Rad geschmissen. Da können jetzt die, die immer alles besser wissen, sagen, dass es vielleicht besser gewesen wäre, gar keinen Unfall zu haben. Ist das so? Ich bin nicht sicher.
Ich denke, also lebe ich in intelligenter Wurstigkeit
Mir ist der in dieser Zeitung zuletzt diskutierte Zustand des Grantig-Seins absolut fremd. Ich plädiere für intelligente Wurstigkeit.

