Das ist bisweilen ein Scheißjob, dieses Vatersein. Nein, eh nicht im Prinzip, aber im Detail. Weil oft hat man eine Wahl zu treffen. Und oft ist das an einem Sonntag, an dem man gern Ruhe hat. Und wenn ich das jetzt für mich erledige, dieses Wählen, dann ist mir aus Überzeugung wurscht, wie's ausgeht, weil ich mich trotzdem nicht anders entschieden hätte. Aber da kommt mit der Vater-Sache natürlich eine Verantwortung dazu, das Weiterdenken über das Ich hinaus und auch der Satz, dass wir die Welt nur geborgt haben von den Nachfolgern. Das ist so ein Satz, der sich mit nichts auslöschen lässt. Und wahrlich: Ich habe einiges getan für diese Auslöschung! Aber das ist wie beim schlechten Gewissen, das auch immer wieder einmal hervorkriecht, obwohl ich glaube, dass ich es schon zigmal ersäuft oder erschlagen habe. Solche Gedanken machen dich zu einem Menschen mit Moral, hat einmal einer gesagt. Was brauch' ich das, wenn ich zur Wahl gezwungen bin? Und so soll ich jetzt, haben sie daheim gesagt, doch noch einmal über die Wahl nachdenken. Sprich: Ich soll mir das noch einmal anders überlegen und doch noch einmal was wegen der Wahl schreiben. Mir fällt zu dieser Wahl aber nichts mehr ein.
Bescheidene zwei Möglichkeiten gab's. Eine wird ergriffen und dann schauen wir einer Zukunft entgegen, die sich sowieso immer gefallen lassen muss, dass über sie gelogen wird. Sie werde besser, heißt es vor einer Wahl. Und dieser Satz lässt sich herrlich von jedem verwenden, weil eh keiner weiß, wie es wird. Nur ich, ich weiß es: Es wird sicher super, sage ich, ganz super sogar. Und als Gegenrede höre ich dann: Das sagst du immer und dann passiert irgendwas. Und ich sage zurück: Stimmt's denn nicht? Ist doch super, wenn was los ist!? Aber da regt sich Lolinger gleich noch mehr auf darüber, dass sie keine Wahl hatte. Es sei völlig egal, dass sie erst ins erste Gym geht. Was soll das für ein Argument sein, sie sei noch zu jung? Sie will mitentscheiden, weil sie kennt sich aus. Und genau in dem Moment fängt's zu regnen an. Ach was, es schüttet, als ginge die Welt unter. Umliegende Landschaft versinkt in Gischt und Nebel. Und Lolinger sagt auf dem Weg zur Hütte, die noch eineinhalb Stunden entfernt ist: Das ist scheiße und ungerecht. Wir hatten die Wahl und hätten auch zur Oma fahren können. Und es wollten eh alle nicht, was du wolltest, und nur weil du der Vater bist, hast du bestimmt, dass wir auf den Berg gehen! Sie hat recht: Wähler ist ein grausamer Job.

