Hätte jemand gewollt, dass ein Strand uns Menschen als Aufenthaltsort dient, dann sähen Strände anders aus. Und dann fahre ich aber doch mit. Wäre das Reisen ein Geschäft, würde so ein solcher Strandausflug in etwa drei Freistunden beim nächsten Stadtbummel umgerechnet werden können. Dann kannst du ja eh im Café sitzen, mit einer lokalen Sportzeitung vortäuschen, dass du die Landessprache beherrschst, und nachdenken, warum du einen Strand für eine Fehlleistung der Erdentwicklung hältst, sagen die Begleiter, die für heute einen Strandtag ausgerufen haben. Sandstrand, um genau zu sein, ergänze ich und ich sage auch, was soll es darüber noch zum Nachdenken geben? Dass ein Sandstrand nicht für Menschen gemacht ist, beweist schon dieses elend unvermeidliche Grieseln des feinen Sandes, der sich in jede Ritze hineinwehen lässt und nicht mehr herauswill. Und außerdem halt ich die geologische Entwicklung in Form unnötiger Erosion von spektakulär abweisenden Felsen zu Sand mitnichten nicht für einen Fehler. Wie käme ich dazu?! Die Erde kann sich entwickeln, wie sie will. Davon bin ich - auch wegen der Hilflosigkeit, mit der ich dieser Entwicklung ausgeliefert bin - zutiefst überzeugt. Für das Problem halte ich auch gar nicht die Erde, das Problem am Strand ist der Mensch. Der belagert die Erde ja an allen Ecken und Enden und verkauft die dann auch noch - zum Beispiel in Reiseführern, die aber eh keiner braucht, weil die Idee, dass es sich lohnt, "bis ans Ende der Camargue hinauszufahren, wo die Natur ganz Einzigartiges schuf", kann einem halbwegs interessierten Menschen auch von allein einfallen, wenn er schon in der Gegend ist. Dass mir jetzt doch noch so viel eingefallen ist zum Strand, liegt vor allem an dem außerordentlich cremigen Café au Lait, den sie im Chez Cathy servieren. Das Chez Cathy erhebt sich am Plage de Piemanson, einer Sandwüste am Ende einer salzigen Ödnis, als einziges Gebäude, das ein wenig höher ist als die hunderte Wohnwagen an den Dünen. Es ist eine Gegend, die Menschen so klein macht, wie sie gemacht gehören. Und das Chez Cathy ist ein Bretterverschlag, angebaut an einen rostenden Container, der dem Spiel aus Wind und Hitze und Wellen trotzt. Einziger Zufluchtsort ist es hier. Ich sitze lange. Mit dem zweiten Café au lait an diesem Ort der Zuflucht verspiele ich die Chance auf Freistunden statt Stadtbummel. Zumindest aber grieselt es nicht in den Schuhen, sondern nur im Hirn.
Im Chez Cathy den Strandsturm überleben
Über Strände muss man nur so viel sagen: Wind, meist Hitze, Sand, Salzwasser. Was genau will man eigentlich dort?
