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Mit dem Kramperl unsere Werte grölen

Bernhard Flieher

Wer zu uns kommt, soll also künftig die Werte unserer Gesellschaft vermittelt bekommen. Das ist in der Theorie schön. In der Praxis könnte sich das als wertlos erweisen. In der Praxis sind genug unterwegs, denen nichts etwas wert ist. Lolinger hat es da naturgemäß leichter. Die ist hier aufgewachsen, hinein in dieses Wertesystem aus biologisch einwandfreier Ernährung, Straßenverkehrsordnung und Grüß-Gott-Sagen. Und sie hat außerdem mich als Vater, was ich freilich für einen wertvollen Wert halte. Ich sehe mich allerdings - durchaus nicht so gelassen, wie ich das gern hätte - mit der Tatsache konfrontiert, dass meiner Überzeugung häufiger widersprochen wird. Angeblich sei ich oft peinlich, sie kein kleines Kind mehr, das sich alles gefallen lassen müsse usw. Zum Glück gibt's den Nikolaus. Da gelingt ein Konsens. Beide halten wir ihn für eine Respektsperson. Und zwar weil er den Wert des Verzeihens symbolisiert. Er mahnt, straft aber nicht. Das ist was wert. Gleichzeitig sind wir einig, dass der Kramperl sich zu einem verzichtbaren Deppen, einem Schlägertyp entwickelte, dessen Wert in Angstmacherei besteht. Daran lässt sich nicht zweifeln, denke ich und täusche mich. Der Kramperl ist nämlich schon Showattraktion. Da preist eine Plakatwand, auf der sonst Bierzelte oder Wald- und Wiesendiscos beworben werden, eine zweitägige "Mega-Krampusshow" an als wär's eine Traditionsveranstaltung. Vielleicht verliert der Kramperl, wenn er Showgröße wird, das Abstoßende, denke ich. Aber dann wird von ausverkauftem Zelt bei der Krampusshow berichtet und so muss man das ganz anders sehen. Der Kramperl hat jetzt Fans, die sich Rausch und Gruseln holen und dem wertlosen Schiachen zugrölen.