Ich war ein paar Tage unterwegs und habe beim Heimkommen sofort die Schmutzwäsche weggeräumt. Ich hätte gefehlt, hieß es dann beim Hallo-Bussi. Doch ich zweifle. Die Mädels daheim haben nämlich einen alten Witz auf mich umgemünzt. Der Witz geht so: Da fragt einer, was das ist, wenn Schwiegermutter nach dem Feiertagsbesuch abgereist ist oder die Ehefrau sich endlich wieder einmal mit ihren Freundinnen verzupft hat und man die Wohnung für sich allein hat. Die Antwort: Schöner wohnen. Und so sei es auch gewesen, als ich wieder einmal irgendwo radelte, anstatt zu wohnen. Kürzlich, nach dem Ausflug mit ein paar Freunden, soll das Wohnzimmer nämlich angeblich schon eine Viertelstunde nach meiner Rückkehr nicht mehr den absoluten Wohnansprüchen entsprochen haben. Der Beweis also war erbracht: "Ohne dich war's ,schöner wohnen'!", sagt Lolinger. Sie hat das - so ergaben die Recherchen - von Tante und Oma und Mama gehört beim männerlosen Brunch, weil an diesem Wochenende waren alle männlichen Mitglieder der Familie nicht daheim. Schöner wohnen ohne mich also?! Dabei gebe ich mir doch tatsächlich Mühe. Wirklich. Seit ich gesehen habe, dass Lolinger das macht, reinige ich die Bürste sogar von Zahnpastaresten. Ich wische nach jedem Duschen den Badboden. Ich werfe gebrauchte Wäsche in die bereitgestellten Körbe, trenne nach Feinwäsche und Buntwäsche. Allerdings mache ich dann immer wieder die Beobachtung, dass die Wäsche, bevor sie in die Waschmaschine darf, noch einer Sortierung unterzogen wird. Das veranlasst mich zu fürchten, dass ich alles verwechselt habe. Zur Sicherheit frage ich nicht nach, sondern interpretiere das Lächeln der Ordnerin als mitleidiges Wohlwollen, ja womöglich ist es ein Zeichen unfassbar uneingeschränkter Liebe (also in Bezug auf Ordnung nichts anderes als die dauernde Totalverzeihung wegen Aussichtslosigkeit). In meinem Glauben an die eigene Reinlichkeit und Ordnung fühle ich mich aber vor allem von neuen Technologien unterstützt. Die neue Medienwelt hat enorme Vorteile. Früher lagen Platten und CDs und Bücher herum. Jetzt ist das alles im Computer oder auf dem USB-Stick und im E-Reader abgelegt. Aber selbst diese Teile lass ich angeblich so herumliegen, dass es dem ästhetischen Empfinden der Design-Feingeister widerstrebt. Was kein Problem ist, wenn ich da bin, weil dann räume ich - oft schon nach der ersten Aufforderung - eh alles weg. Was mich mehr verblüfft, ist allerdings, dass, kaum bin ich ein paar Tage nicht da, beim Heimkommen alles immer noch schöner und noch geordneter aussieht, als es das tut, wenn ich meine, aufgeräumt zu haben.
Schöner wohnen ohne mich
Komisch, dass daheim immer alles sauber läuft, wenn ich nicht da bin.

