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The Kids are alright: Eine Volksschulzeit mit Bob Dylan

Bernhard Flieher
The Kids are alright: Eine Volksschulzeit mit Bob Dylan
The Kids are alright: Eine Volksschulzeit mit Bob Dylan

Hier die Namen der 25 Hoffnungsträger, denen diese Kolumne heute gehört: Adriano, Alma, Armin, Christina, Dario, Felix, Florian, Hannah, Helene, Inge, Jakob, Jelena, Katarina, Lara, Laurine, Leon, Linda, Lola, Lukas, Pepe, Steffi, Stephanie, Rebecca, Tristan, Yara. Aller Wahrscheinlichkeit nach gibt's auch andere, die Anlass geben, die Welt eh für einen lässigen Platz zu halten. Aber die kenne ich nicht. Die 25 der 4A der VS Schwarzstraße kenne ich seit vier Jahren, lang genug, um zu bedauern, dass es jetzt aus ist. Fünf Schultage nur noch. Dann löst sich die Bande auf. Mit der 4A war ich auf Waldtagen, eislaufen, Ski fahren, schwimmen. Wir machten uns über Eltern und andere sogenannte Erwachsene lustig. Wir analysierten Champions-League-Spiele und die Schwierigkeit von Nacherzählungen. Wir gingen nicht in Zweierreihe über Zebrastreifen. Wir waren, wo es ging, nicht brav in klassischem Sinn, sondern so frei wie möglich. Wir schwätzten - und dass die Lehrerin auch mich, den begleitenden sogenannten Erwachsenen ermahnte, war ein Höhepunkt meiner zweiten Volksschulzeit. Die war gar nicht angestrebt. Schule - als System - bleibt ein ewiges Problem. Schule basiert auf "Pflicht" und "müssen", dabei stünde der Welt mehr Ungehorsam und Widerspenstigkeit gut zu Gesicht. "Müssen" sollte das Letzte sein, was man muss. So passierte die zweite Volksschulkarriere aus einer Art Notwehr (wegen der Möglichkeit zur Überwachung). Dass daraus tiefe Zuneigung werden sollte, war nicht vorgesehen. Doch alles verlief aufregend bereichernd - wenn wir unter uns waren. Bei Elternabenden, wo's zwar um die Kleinen gehen sollte, ließ sich oft feststellen, dass vieles, was Kleine wichtig finden, für Große unvorstellbar als Kriterium für ein gutes Leben taugt. Bruchrechnen und Personenbeschreibung können aber nie so wichtig sein, dass die Lässigkeit des Lebens untergehen darf in Strebertum und Leistungsdruck. Und sorry: Wir Volksschüler sind Kinder! Erstaunlich viele Große wollen Noten (weil sie sonst wohl gar keinen Anhaltspunkt haben, was die Kids können) und sie wollen Mitschwimmer (weil dann flutscht alles reibungslos). Solch mächtig Große verwechseln dann Engagement mit Einmischung. Empathie wird ersetzt durch Ehrgeiz - aber immer nur fürs eigene Kindchen. Aber aus jetzt! Es geht hier nicht um die Großen. Es geht um - so viel Nähe muss beim Abschied erlaubt sein - meine 4A. In dieser Klasse waren ein paar ein bisserl langsamer als andere, ein paar kapierten pfeilschnell. Ein paar widersprachen regelmäßig mit gutem Grund, ein paar rabaukten und ein paar kuschten nur, ein paar kickten und ein paar zickten. Aber wie im Fußball gilt: Über die Gesamtdauer der Meisterschaft gleicht sich immer alles aus. Alles easy und geprägt von etwas, das mehr als jedes Schulfach Menschenpflicht sein sollte: das Staunen über die Welt. Dieses Staunen gehört gelehrt! Und welch Privileg war das, vier Jahre mitstaunen zu dürfen! Auch darüber, dass eine junge Lehrerin Herrn Dylan nicht kannte, aber einen seiner Songs mit den Kids einstudierte: "Forever Young" in deutscher Version von André Heller und Wolfgang Ambros. Da heißt es: "Wannst Vertraun hast in die sölba dann brauchst ka Versicherung" und: "May you build a ladder to the stars". Und dann winkt ihr alle herunter, bitte. Schluchz!