Irgendwo muss die Kreativität ja raus. "Seele", sagt einer, der mit anderen Ideen-Junkies in der Communication-Office-Lounge sinniert. "Seele - das suchen die Leut." Jedenfalls wenn sie "urban" sind. Der Stadtmensch als Idealbild der Gegenwart, weil er guter Kunde ist, der Urban Style Utan. Der aber, fällt dem PR-Experten ein, sagt nicht "Seele". Seele ist zu einheimisch, zu unworldwide. Der hippe Urban-Typ hat keine Seele. Er hat "Soul" - erst recht, wenn er urlaubt. Aber was ist mit der regionalen Verwurzelung, sagt ein anderer. Nein, nicht Verwurzelung, korrigiert er sich, das könnte man als Tradition missverstehen. Und Tradition gilt heute schon für Skilifte, die älter als drei Jahre sind. Dem Urban Utan wird ja schnell fad. Aber die lokale Identität muss schon auch hinein ins neue Branding. Da ist ein Glück, dass das Hotel für die Urban Utans in Leogang liegt, und Leogang liegt in den Bergen. Und so stelle ich mir vor, wie in anfallsartiger Kreativität plötzlich das Wort "Alpen" auftaucht. Und dann sagt man andächtig: "The Alps." Urban Soul meets the Alps. Dieses Motto umweht also das schon auch lässige Mama Tresl in Leogang, einen gestylten, feschen Gastrobetrieb, in dem der Urban-SUV-Fahrer den Duft der weiten Welt atmen will, auch wenn er nur im Bergdorf ankommt. Aber, und Leogang ist bloß beliebiges Beispiel, ein österreichisches Bergdorf ist im touristischen Sinn auch nur Unterhaltungszone. Im Ideenkampf um eine Gästeschar, die Weltläufigkeit erhofft, werden dann Kellnerinnen und Kellner nicht mehr so genannt. Sie heißen - kein Schmäh! - "Brothers" und "Sisters". Und als traditionelles Hausmenü bestellt man Brathendl und Champagner. Und weil die Sonne nicht immer scheint, wird - so steht's auf der Hotel-Homepage - "natürlich mit dem typisch coolen Ibiza-DJ-Sound" ein endless summer im Schnee produziert. Das hat auch Gutes. Ibiza-Sound trällert so seicht, dass er sich leichter überhören lässt als das Zipfi-eini-Zipfi-aussi-Geklatsche der Schlagerwelt in traditionellen Après-Hütten. Urban Soul meets the Alps rules - bis im urbanen PR-Büro fern der Berge mit einem neuen Kreativitätsbergrutsch die nächstbeste Idee über die Alm rauscht. Trotz der herrlichen Steinberge-Kulisse, die jeder überschäumenden Lust an der Hipness trotzt, fällt mir böserweise dann doch Kabarettist Sigi Zimmerschied ein. Der sagte einmal sinngemäß: "Es spielt keine Rolle, wie oft du deinen Darmausgang ,Erlebnispforte' nennst: Es ist und bleibt das Arschloch."
Urban muss der Berg sein, damit's hoch hergeht
Bergdorf und Alm müssen dauernd neu erfunden werden, weil sie Schauplatz des Kampfs um die Gunst der Urban People sind.

