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Warten. Warten. Besser warten.

Oft sind Menschen genervt, wenn sie warten. Das ist schade, denn sie übersehen den Moment, in dem das Gute daherkommt.

Bernhard Flieher

Das weltweite Netz wird überschätzt. Zumindest beim Telefonieren. Es klappt nur häppchenweise. Blöd, weil wir uns wirklich gefreut hatten, wieder einmal etwas voneinander zu hören. Aber zuerst kam der Anruf nicht durch. Dann war die Verbindung mies, brach immer wieder ab. Unbefriedigend und ärgerlich, wütend machend fast, solche Warterei.

Warten, das ist ja die Zeitspanne, in der nichts passiert, bevor etwas passiert. Warten erweist sich da oftmals als Vorstufe zur Hölle. Das hat dann mit Verspätungen zu tun oder enttäuschter Hoffnung. Weil das keine schönen Dinge sind, sehen wohl auch die Räume, die zum Warten gebaut werden, aus wie Modelle aus dem Katalog der Unwirtlichkeit. Oder kennen Sie einen charmanten Warte bereich an einem Flugplatz-Gate? Andererseits: Wie ich da jetzt sitze und versuche, mit einem Telefonat die Wartezeit zu überbrücken, komme ich mir sehr undankbar vor. Warten wird zu Unrecht als vertane Zeit empfunden. Warten ist eine Chance. Warten ist eine gänzlich unterschätzte Zone zwischen Glück und Unglück. Und weil uns beides nicht dauernd widerfährt, ist das Warten weit eher ein bedeutender Grundzustand des Lebens als das Glück oder das Unglück. Allerdings muss klar sein: Was wir daraus machen, liegt nicht am Flieger, auf den wir warten, sondern an uns Wartenden.

Wer den Moment erkennt, in dem das Warten enden kann, hat alles richtig gemacht. Wer den einen Moment spürt und nutzt, in dem das Gute, das Schöne, vielleicht gar das Glück aus dem Nichts daherkommt (was ja auch immer nur diesen einen Moment lang anhält), und wer das dann genießen kann, hat es richtig gemacht. Der ganze Rest zählt nicht. Wer dauernd nach dem Schönen sucht, dem Lohnens- und damit Lebenswerten, kann sicher sein, dass er sich vor allem unglücklich wiederfindet. So jemand sucht gar nicht, sondern wartet vergeblich, übersieht das Bedeutende.

Über das Glück kannst du eine Menge gescheiter Sachen lesen. Über das Unglück gibt es Abhandlungen, die als Romane zur Weltliteratur wurden. Aber übers Warten? Gut, es gibt den Beckett, der uns schon zig Jahrzehnte auf diesen Godot warten lässt, und immer noch nicht wissen wir, ob es den Typen überhaupt gibt. Aber sonst? Übers Warten gibt es wenig. Das ist schade. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wie ich da warte, dass der Flieger kommt, wünschte ich, dass ich ein guter Wartender sein kann, bis das mit dem Telefonat endlich hinhaut.