Die erfolgreiche deutsche Schauspielerin Maria Furtwängler, unter anderem als spröde "Tatort"-Kommissarin Charlotte Lindholm bekannt, meinte dieser Tage: "Wenn auch heute noch etwa 95 Prozent der Filmgeschichten von Männern erzählt und produziert werden, dann kommt dabei eben auch Männersicht heraus. Das heißt, Frauen werden viel zu oft nur als begehrliches Objekt dargestellt. Oder sie müssen lieb sein. Vielleicht dürfen sie noch eine schrullige Alte geben."
Wahre Worte. Und da verwundert es nicht, dass Furtwängler ein großer Fan von Hollywood-Emanze Meryl Streep ist. Streep hat zusammen mit der Initiative "New York Women in Film and Television" eine Drehbuchinitiative für Frauen über 40 gegründet. In einem Bereich, in dem diese Frauen unterpräsentiert sind, dem großen Erzählkino. Noch heuer sollen acht Kandidatinnen erstmalig an den Workshops teilnehmen, unter anderem mit Regisseurin Gina Prince-Bythewood ("Beyond the Lights") und Produzentin Caroline Kaplan ("Boyhood"). Zumindest ein Schritt in die Richtung, dass künftig mehr Geschichten über Frauen im Kino erzählt werden.
Gleichberechtigung gibt es weder in Hollywood noch im deutschsprachigen Film. In Deutschland entsteht nur jeder fünfte Spielfilm unter weiblicher Regie, bei einem Viertel der österreichischen Produktionen führen Frauen Regie. In Hollywood lag der Anteil der Filmemacherinnen bei den 250 erfolgreichsten Filmen 2014 bei sieben Prozent.
Und so spielen Frauen vor der Kamera selten unabhängige Charaktere, weil sie hinter der Kamera in wichtigen Positionen fast gar nicht auftauchen. Das stößt auch Männern aus der Branche sauer auf. Oscarpreisträger Ben Kingsley etwa beklagt den Mangel an Regisseurinnen. Denn Frauen sähen "die menschlichen Verhaltensmuster aus ganz anderen Blickwinkeln als Männer", sagt er. No na!
Wenn die Massen großteils Filme vorgesetzt bekommen, die nur die männliche Sicht spiegeln, in denen dann noch dazu keine starken Frauen gezeigt werden, dann hat dies einen enormen Einfluss auf die Gesellschaft. Klassische Rollenbilder werden verfestigt, wenn Frauen vorzugsweise hübsche Verführerinnen, Opfer oder böse Weiber spielen.
Dabei wäre die Filmwelt keine männliche. Die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich und auch die Hälfte des zahlenden Publikums an den Kinokassen. Diese Hälfte will keine eindimensionalen Betrachtungen vorgesetzt bekommen. Sie will sogar weibliche Filmstoffe sehen. Der Verzicht darauf ist bei einem so großen Frauenpublikum zu allem Überdruss auch eine wirtschaftliche Fehlentscheidung. So hat das British Film Institute erhoben, dass bei den wirtschaftlich erfolgreichsten Independent-Produktionen der Anteil der Drehbuchautorinnen um das Doppelte höher lag.

