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"Darum übergebe ich die ÖVP an eine Obfrau" -Nur ein schlechter Witz

Die ÖVP steckt in ihrer tiefsten Krise. Doch die Frauen in der Partei schweigen, und die Partei schweigt sie sowieso tot. Für eine Regierungspartei ist das untragbar.

Karin Zauner

Die Frage kam wohl zu spät. Vorige Woche in der Frauensache gestellt: "Herr Vizekanzler, wie erkläre ich das meinem Kind?" Der Herr Vizekanzler Michael Spindelegger ist seit dieser Woche Geschichte, und da er bei seinem Abgang gleich auch noch weitere Medienauftritte ausschloss, ist davon auszugehen, dass er zu der Frage, wie man Kindern erklären soll, dass Regeln einzuhalten sind, wenn selbst Vizekanzler Gesetze umgehen, wohl nichts mehr sagen wird. Zumindest nicht öffentlich. Vielleicht wird er sich aber künftig privat mehr mit diesem Thema beschäftigen können.

Obwohl, indirekt hat Herr Spindelegger bei seiner Abtrittsrede Hinweise auf mögliche Antworten gegeben. Er sagte: "Was ich nicht will, ist mich dort hinbiegen lassen. Mich zwingen lassen, etwas zu tun, was ich nicht für richtig halte." Schade ist, dass derlei von wichtigen Menschen immer nur bei ihren Abgängen zu hören ist. Es wäre schön, könnten Politiker und Führungskräfte das mit dem Sich-verbiegen-Lassen in jener Zeit abstellen, in der sie die Macht dazu haben, dies auch zu tun, anstatt im Nachhinein darüber zu klagen, dass sie nicht Manns genug waren, das zu tun, was sie für richtig hielten.

Herr Spindelegger sagte zum Abschied aber noch etwas Erstaunliches: "Darum übergebe ich auch die ÖVP einem anderen Obmann oder einer anderen Obfrau." Da werden sich die Herren in der ÖVP vor lauter Lachen auf die Schenkel geklopft haben und den Frauen wird das Lachen im Hals stecken geblieben sein. Aber wahrscheinlich ist Michael Spindelegger das nichtssagende Dauergeplapper von Wählern und Wählerinnen und Österreichern und Österreicherinnen schon derart ins Blut übergegangen, dass ihm die Obfrau einfach herausgerutscht ist. Denn hat irgendjemand in der ganzen ÖVP-Debatte rund um eine neue Parteiführung, einen neuen Vizekanzler oder einen neuen Finanzminister einen Frauennamen gehört?

Wie bitte? Man kann nichts hören. Ah ja, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wurde erwähnt, aber nur von Journalisten und mit dem Zusatz "nicht ernst zu nehmen". Und sonst? In der gesamten ÖVP gibt es also keine Frau, die es wert wäre, als mögliche Parteichefin oder Vizekanzlerin oder Finanzministerin auch nur ernsthaft erwähnt zu werden? Das ist eine Bankrotterklärung. Aber offensichtlich muss die ÖVP noch tiefer rutschen, um derart Unerhörtes wie Frauen an der Spitze auch nur denken zu können.

Wie das Amen im Gebet ziehen Männer, auch solche, die Frauen im Beruf und in der Politik durchaus schätzen, bei derartigen Geschlechterdebatten gern ein Argument aus ihrer Trickkiste: "Es darf doch nicht um das Thema Frau oder Mann gehen, sondern es müssen Qualifikationen und Fähigkeiten im Vordergrund stehen." Meine Herren, da bin ich völlig bei Ihnen. Es wäre nur nett, würden die Herren Entscheidungsträger dieses Maß auch bei Besetzungen mit ihresgleichen anlegen.

Gegen das Schweigen der ÖVP-Frauen und jenes der Partei über Frauen ist das schäbige Theater um die Nichteinhaltung der Frauenquote in der SPÖ übrigens geradezu eine Kleinigkeit. Dort schert man sich zwar nicht darum, dass auf das frei gewordene Nationalratsmandat der verstorbenen Nationalratspräsidentin und Frauenpolitikerin Barbara Prammer laut Statut eine Frau nachrücken sollte, aber immerhin wird dort heftig darüber gestritten und es gibt lautstarke innerparteiliche Proteste gegen diese Personalpolitik.

Frauenstimmen in der ÖVP? Fehlanzeige. Im Jahr 2014 ist das für eine Regierungspartei untragbar.