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Die Welt ändert sich, nur die Schulferien sind in Stein gemeißelt

Ferienzeit ist Stresszeit für viele Eltern. Neun Wochen sind zu viel. Doch wen kümmert schon das Wohl von Kindern und Eltern?

Karin Zauner

"Wenn du das schreibst, bin ich sauer auf dich", droht der Zwölfjährige. Ein netter Versuch, bei Journalisten aber sinnlos. Den Hinweis, dass unterschiedliche Meinungen in einer Demokratie wichtig sind, um voranzukommen, akzeptiert der junge Mann grundsätzlich, aber nicht im speziellen Fall. Es geht um das emotionale Thema Ferien. "Neun Wochen Schulferien sind zu lang", sagt die Mama - und mit ihr Hunderttausende Eltern. Neun Wochen seien viel zu wenig, kontert das Kind. Und hat ernsthaft Sorge, Mama könnte vielleicht eine Verkürzung der Ferien herbeischreiben. Wie schmeichelhaft!

Faktum ist: In den meisten Familien, in denen beide Elternteile berufstätig sind, beginnt mit der Ferienzeit der Stress. Neun von zehn berufstätigen Müttern mit Schulkindern wären in den Ferien ohne private Hilfe bei der Kinderbetreuung aufgeschmissen. Am häufigsten helfen die Großeltern, andere Verwandte oder Bekannte. Das ergibt eine aktuelle Umfrage der Arbeiterkammer. Nur acht Prozent der Vollzeitbeschäftigten und fünf Prozent der Teilzeitbeschäftigten können durchgehend eine Betreuungseinrichtung für ihre Kinder nutzen. Gut ein Fünftel geht getrennt vom Partner auf Urlaub, damit immer jemand bei den Kindern ist. Nur Zyniker sagen, das sei ohnehin gut, weil Urlaub eine der größten Gefahren für die Beziehung ist.

Die Betreuungsangebote während der Ferien sind in den vergangenen Jahren mehr geworden. Aber viele Eltern können sich diese kaum oder nicht leisten. So werden durch soziale Herkunft bedingte Leistungsunterschiede in der Schule über die Ferienzeit hinweg verstärkt. Teure Englisch-Camps für jene Kinder, deren Eltern es sich leisten können, TV-Konsum bis zum Abwinken oder Computerspiele für jene, die allein zu Hause sind.

In den Unternehmen bedeuten die langen Ferien ebenso Stress. Wie werden die Urlaube verteilt? Sollen jene, die keine Kinder oder bereits große Kinder haben, im Sommer durcharbeiten, damit jene mit Betreuungspflichten ihre Kinder versorgen können? Wohl kaum. Das Thema sorgt für Spannungen.

Das Absurde ist, dass nach neun Wochen Schulferien im Herbst unglaublich Druck gemacht wird. Dann wird von September bis Weihnachten so viel wie möglich in die Köpfe der Kinder hineingepackt. Für Schüler und Eltern heißt das, dass die meisten Wochenenden mit Lernen blockiert sind. Ist das sinnvoll? Ist es gescheit, neun Wochen Ferien zu haben, die viele Familien vor große Probleme stellen und eine Menge Geld verschlingen, um dann Kindern dreieinhalb Monate kaum Freiraum und Erholung zu gewähren? So lernt man nicht nachhaltig, geschweige denn ist das kind- und familiengerecht.

Warum also an neun Wochen Ferien am Stück festgehalten wird, wenn sich die Gesellschaft und mit ihr die Arbeitswelt völlig geändert haben, bleibt schleierhaft. Die Menschen arbeiten immer flexibler, immer mehr Frauen sind erwerbstätig, immer weniger Großeltern stehen als Hilfe zur Verfügung. Nur in der Schule bleibt alles, wie es immer war. Liebes Kind, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Während der lächerlichen sechs Jahre deiner verbleibenden Schulzeit wird es keine Neuregelung der Ferienzeiten geben. So schnell wird im Bildungsbereich mit Sicherheit nichts reformiert!