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Ein Ja zum längeren Arbeiten für Frauen, aber das allein genügt nicht

Die frühere Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen an die Männer ist gut. Aber nur, wenn gleichzeitig bei Altersarbeitslosigkeit und Einkommen etwas passiert.

Karin Zauner
Ein Ja zum längeren Arbeiten für Frauen, aber das allein genügt nicht
Ein Ja zum längeren Arbeiten für Frauen, aber das allein genügt nicht

Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Auftretens eines Themas innerhalb gewisser Zeiten und der Wahrscheinlichkeit, dass dessen Inhalte Realität werden. Daher kann man ganz unbeschwert die Wette eingehen, dass das gesetzliche Pensionsantrittsalter von Frauen schneller angehoben wird, als es geplant und beschlossen ist. Vor der Nationalratswahl 2013 beherrschte die frühere Angleichung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters der Frauen an jenes der Männer die innenpolitische Debatte. Sie wurde aber rasch wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen - aus Angst vor den Wählerinnen und Wählern. Und das aus gutem Grund: Für eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters findet sich keine Mehrheit. Laut einer Untersuchung im Auftrag der Allianz-Versicherung sind nur 30,2 Prozent der Bevölkerung der Meinung, das Pensionsantrittsalter der Frauen sollte angehoben werden, 48,8 Prozent würden es beim jetzigen Alter von 60 Jahren belassen.

Nichtsdestotrotz ist das Thema schon wieder auf dem Radar. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner warf die raschere Erhöhung des Frauenpensionsantrittsalters jüngst in den Debattentopf. Hintergrund: Ab 2024 bis 2033 wird das gesetzliche Frauenpensionsantrittsalter um je sechs Monate auf 65 Jahre angehoben. So ist es bereits beschlossen. Bis 2033 gibt es somit die vollständige Angleichung. Mitterlehner überlegt nun, die Frist vorzuziehen. Er will damit bei den Ausgaben sparen.

Den Frauen will man die frühere Angleichung als Zuckerl verkaufen. Denn wer länger arbeitet und zum Schluss der Berufslaufbahn mehr verdient, so sieht es zumindest die Theorie vor, kann sich über eine bessere Pension freuen. Die könnten Frauen sehr gut brauchen. Denn Frauen sind in Österreich drei Mal öfter von Altersarmut betroffen als Männer. Bis 2030 wird die Hälfte aller österreichischen Singlefrauen über 65 sein. Männer haben doppelt so hohe Pensionsbezüge wie Frauen.

Frauenpolitikerinnen und Feministinnen, eigentlich der Gleichstellung von Männern und Frauen verschrieben, können im Fall des Pensionsantrittsalters der Gleichstellung nichts abgewinnen. 1992, als unter Frauenministerin Johanna Dohnal die Angleichung des Pensionsantrittsalters für Frauen ab 2024 beschlossen wurde, hieß es, bis dahin würden Frauen auch im Arbeitsleben gleichgestellt sein. Seither ist viel passiert, von einer Gleichstellung kann aber keine Rede sein. Hier sei nur auf die nach wie vor großen Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen verwiesen, die ungleiche Verteilung der Familienarbeit und die Minifrauenanteile in den Führungsebenen der Wirtschaft.

Die Frage aber lautet: Können sich die Frauen die frauenpolitischen und ideologischen Überlegungen leisten? Jene Frau, die mit 64 Jahren, vier Jahre nach Antritt der Pension, noch immer dazuverdient, sagt: Nein. Sie kann schlicht und ergreifend mit den rund 1000 Euro Pension pro Monat nicht auskommen. Es heißt immer, nur die Besserverdienenden und Besserqualifizierten würden für eine frühere Angleichung des Pensionsantrittsalters eintreten. Warum aber sehen wir dann beispielsweise in den Tankstellenshops so viele pensionierte Frauen arbeiten?

Die Lebensrealitäten der Frauen haben sich geändert. Wenn die lebenslange Versorgungsfunktion der Ehe obsolet ist und Erwerbstätigkeit von Frauen zum Regelfall wird, muss das Pensionssystem angepasst werden. Will man hier einen oder zwei Gänge hinaufschalten, muss man das aber gleichzeitig auch anderswo tun. Dann muss man dafür sorgen, dass die Altersarbeitslosigkeit eingedämmt wird, man muss sich darum kümmern, dass die Einkommensschere geschlossen wird, und dann braucht es jedenfalls mehr und bessere Altenbetreuung außerhalb der Familien.

Es ist richtig, wenn Vizekanzler Mitterlehner die frühere Angleichung des Pensionsalters der Frauen an die Männer fordert. Es ist aber falsch, dass er dem nichts hinzuzufügen hat. Für ihn steht die Entlastung der Pensionsversicherung im Mittelpunkt. Das ist kurzsichtig, wenn dann etwa höhere Kosten in der Arbeitslosenversicherung anfallen. Und den Frauen bringt ein höheres Pensionsalter gar nichts, wenn sie dann nur länger arbeitslos sind und zeit ihres Arbeitslebens zu Unrecht schlecht verdient haben.