Kaum ein Frauenthema erregt so viel Widerspruch wie das Thema Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen. Dieser Widerspruch kommt fast nur von Männern, die den unfairen Lohnunterschied in Abrede stellen. Der basiere nur auf unterschiedlicher Leistung oder Ausbildung und habe nichts mit Diskriminierung zu tun, argumentieren sie. Manche erkennen zwar die fehlende Fairness bei der Bezahlung an, behaupten aber, die Frauen seien selber daran schuld, weil sie sich zu schlecht verkauften.
Ein einzigartiges soziales Experiment der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes in Zusammenarbeit mit der Agentur Jung von Matt hat jetzt Erstaunliches zutage gebracht. Sie haben Transgender-Personen, also Menschen, die im realen Leben beide Geschlechterrollen leben, zu Bewerbungsgesprächen geschickt. Einmal als Frau, einmal als Mann. Sie bewarben sich um Jobs im Projektmanagement, als pharmazeutisch-technische Assistentinnen oder Assistenten und im Fashion-Bereich. Die drei Personen Dirk beziehungsweise Iris, Oliver/Olivia und Anna-Lena/Leo im Experiment waren keine Schauspielerinnen, aber in ihren Geschlechterrollen jeweils authentisch, weil sie es gewohnt sind, im Alltag beide Geschlechterrollen zu leben. Anna-Lena kam also einmal als Anna-Lena und das andere Mal als Leo zum Bewerbungsgespräch. Das Ergebnis: Als Frau bekamen die Bewerber bis zu 33 Prozent weniger für die gleiche Arbeit als als Mann, obwohl sie der gleiche Mensch mit den gleichen Erfahrungen und dem gleichen Lebenslauf waren. Ein Unternehmen hat Olivia 15 bis 17 Euro Stundenlohn geboten, dem gleichen Menschen als Oliver 20,50 beziehungsweise 21 Euro.
Im Video zeigt sich Oliver zutiefst frustriert, weil er diese Erfahrungen aus seinem eigenen realen Leben kennt. Im Experiment hat er als Oliver für denselben Job 43.646 Euro Jahresgehalt geboten bekommen, als Olivia nur 31.175 Euro, macht einen Unterschied von 12.471 Euro aus. Warum? Offensichtlicher geht es nicht. Das Frausein wird abgestraft.
Von der Gleichstellung, die viele herbeireden, weil sie das Thema nervt, sind wir weit entfernt. Für Politiker und die Unternehmen (im Eigeninteresse) muss das ein Auftrag sein, endlich mit dieser Ungleichbehandlung aufzuräumen und hinzuschauen, auch wenn es unbequem ist.


