Ausgehend von den massenhaften sexuellen Übergriffen zu Silvester in Köln wurde auch eine generelle Debatte über Gleichberechtigung von Frauen und Männern losgetreten. Da tut es not, einmal genau hinzuschauen, wo wir in Österreich eigentlich stehen. "Seitens der Gesetze haben wir in Österreich die Möglichkeit zur völligen Gleichstellung", sagt die Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg, Alexandra Schmidt. "Aber in der Praxis schaut es leider anders aus." Laut dem Wirtschaftsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen hierzulande mittlerweile größer als in allen anderen Ländern. Ein Grund dafür ist für die OECD die veraltete, starre Rollenverteilung. Das kann man unter anderem an der Teilzeitquote von Frauen ablesen. Im ersten Halbjahr 2015 hatte sich die Teilzeitquote von Frauen im Jahresabstand noch einmal von 47,3 auf 48 Prozent erhöht, jene der Männer von 11,2 auf 11,3 Prozent. Der Trend ist, dass stetig Vollzeitposten abgebaut und durch Teilzeitjobs ersetzt werden, in denen vor allem Frauen arbeiten. Laut OECD liegt der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen 23 Prozent unter dem der Männer. Das ist eine der größten Verdienstlücken im gesamten OECD-Raum.
Maria-Fe Parco Ortner kommt von den Philippinen. Die Business-English-Trainerin in Salzburg lebt seit 1993 in Österreich und war bereits damals überrascht, dass so viele Österreicherinnen nicht oder nur Teilzeit arbeiteten. Auf den Philippinen habe sie ein ganz anderes Frauenbild vermittelt bekommen. Freilich, so sagt sie auch, sei die Kinderbetreuung in ihrem Herkunftsland durch die größeren Familien leichter und man könne sich auch erschwingliche Hilfe zukaufen. "Ich habe es in meiner Familie, bei meinen Freunden und Verwandten nicht erlebt, dass Unterschiede zwischen Buben und Mädchen gemacht wurden. Es hat bei der Bildung immer geheißen: ,Geht so weit, wie ihr es schaffen könnt.'" Und Parco Ortner sagt: "Ich habe den Eindruck, auf den Philippinen unterstützen einander die Frauen gegenseitig stärker." Der "Global Gender Gap Report" des Weltwirtschaftsforums listet Österreich bei der Gleichstellung von Frauen aktuell nur mehr auf Platz 37 von 145 Ländern. 2013 lag Österreich noch auf Platz 19. Die Philippinen rangieren aktuell übrigens auf Platz sieben.
Nur 18 Prozent der österreichischen Väter beziehen Kindergeld, in Schweden gehen 90 Prozent in Karenz. Laut Zeitverwendungserhebung leisten Frauen zwei Drittel von knapp zehn Milliarden Stunden für Hausarbeit, Kinderbetreuung, Pflege und Ehrenamt. Jede zehnte Frau in Österreich ist von Altersarmut betroffen. Diese Fakten sollten sich nun jene genau anschauen, die vor lauter aufgeregtem Geschrei über den wichtigen Schutz der Rechte der Frauen nicht sehen, wie es um diese steht.

