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Viagra für Frauen macht die Männer im Bett nicht besser

Pille schlucken, scharf werden. Das erhoffen viele von der neuen Sexpille. Doch Sexualität von Frauen ist mehrdimensional.

Karin Zauner

Täglich eine rosa Pille schlucken, die Schwindel und Angstzustände auslösen kann, und dafür ein Mal im Monat häufiger Sex haben, bei einem Ausgangswert von zwei bis drei "Ereignissen" pro Monat. Das ist ja einmal eine richtige Errungenschaft für die Frauen! "Viagra für Frauen" oder "Pink Viagra" wird das nun erstmals in den USA zugelassene Medikament namens "Addyi", pharmazeutisch richtig Flibanserin, genannt. Es wirkt auf die Psyche und greift in den Hormonspiegel ein.

Manche Befürworterinnen aus der feministischen Szene beklatschen die neue Sexpille für Frauen und begründen dies auch damit, dass es für Männer 26 Medikamente gegen sexuelle Störungen gebe, für Frauen bisher keines. Tatsächlich wird in der Medizin schon lange zu Recht darüber diskutiert, dass medizinische Forschungen und damit Behandlungen zu lange nur auf Männer ausgerichtet waren. Da erscheint es nur logisch, dass aufgrund der Unterschiede der Sexualität von Mann und Frau für Frauen kein Nebenprodukt abfallen konnte. Anders gesagt: Viagra, das für eine Erektion bei Männern sorgt, konnte für Frauen nicht adaptiert werden.

Lustlosigkeit im Bett plagt viele Frauen. Doch nur zehn Prozent von ihnen, so vermuten Mediziner, leiden unter Hypoactive Sexual Desire Disorder, bei dem bestimmte Botenstoffe im Gehirn fehlen sollen. Hier könnte die neue Sexpille Addyi tatsächlich helfen.

Und was hilft den anderen? Vieles, etwa weniger Stress. Denn es ist völlig normal, dass wir nach einem Tag, an dem wir um sechs Uhr in der Früh starten, die Kinder versorgen, in die Arbeit eilen, bis abends Hochleistung im Job erbringen, dann auf der Heimfahrt noch schnell Essen besorgen, dass wir dann, wenn die Kinder um zehn Uhr im Bett sind, nicht voller Leidenschaft dem anderen lustvoll in die Arme fallen. Da hilft keine Tablette der Welt.

Und kein Medikament wird aus dem wenig einfühlsamen Partner, dem es nur um schnelle sexuelle Befriedigung geht, einen aufmerksamen Partner im Bett machen, der erstens weiß, was seine Frau will, und zweitens nicht dazu zu faul oder zu egoistisch ist, dafür auch etwas zu tun.

Es ist gut, wenn Frauen Möglichkeiten haben, damit ihre Lust steigt oder erweckt wird, und sie damit ein erfüllteres Leben führen können. Grundsätzlich ist auch gegen Medikamente als Hilfsmittel nichts einzuwenden. Das Problem dabei ist, dass damit Lustlosigkeit bei Frauen pathologisiert wird, wo kein Krankheitsbild vorliegt. Die Formel "Pille schlucken und scharf werden" passt aber dazu, wie einseitig weibliche Sexualität in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Die Lust der Frau hängt aber von vielen Faktoren ab, einer der wichtigsten ist ein funktionierendes Miteinander mit dem Partner. Doch für dessen Verwandlung in einen tollen Liebhaber gibt es noch keine Pille.