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Von Snapchat, Schlüssellöchern und Spargelvertretern

Was im Teamcamp passiert, bleibt im Teamcamp. Es sei denn, David Alaba hat seine Handykamera aktiviert.

Gerhard Öhlinger
Von Snapchat, Schlüssellöchern und Spargelvertretern
Von Snapchat, Schlüssellöchern und Spargelvertretern

Es gibt nichts mehr, was wir nicht erfahren aus dem Leben unserer Fußballhelden. Die Siegesfeier in der Kabine, mit notdürftig um die Hüften geschlungenem Handtuch: hochgeladen auf Facebook. Das sündhaft teure neue Paar Freizeitschuhe: mit der Welt geteilt via Instagram. Das Sackerl Reis, das in der Küche umgekippt ist: Alle sollen es erfahren, dank Snapchat.

Alles wissen wir. Nur eine Bastion hält dem Social-Media-Ansturm noch stand, komme, was wolle. Das Teamhotel bei einem großen Turnier wie einer Welt- oder Europameisterschaft ist tabu. Was im Teamcamp passiert, bleibt im Teamcamp. Schon klar: Es wäre von großem öffentlichen Interesse, was da passiert, wenn gut 20 landesweit bekannte Männer bei ihrem Aktivaufenthalt unter fremder Sonne ein paar Wochen lang zusammengesperrt werden. Aber es geht niemanden etwas an. Nichts soll die Ruhe und Konzentration auf die sportliche Aufgaben stören.

David Alaba war es vorbehalten, gegen diese ehernen Gesetze zu verstoßen. Vom Marsch auf Mallemort völlig fasziniert, hatte der Weltstar aus Wien seine Handykamera seit dem Abflug auf Dauerfeuer gestellt. Und er war nicht mehr zu bremsen in der Nobelherberge Moulin de Vernegues. Ein Hit nach dem anderen landete als Bild und Video auf Snapchat: Mein Zimmer! Mein Bett! Unser Billardtisch! Unser Whirlpool!

Hätten ihn nicht die ÖFB-Chefs gebremst, Alaba hätte auch noch unter der Dusche gesnapchattet. Jetzt bleibt wieder im Teamcamp, was im Teamcamp passiert.

Liebe Kinder, ihr glaubt vielleicht, früher habe es solche unerlaubten Einblicke nicht gegeben, damals vor dem Internet. Aber was die Kicker nicht preisgaben, das kriegten die Reporter mit einem Blick durch das Schlüsselloch heraus. Bei der WM 1974 schummelte sich einer als "Spargelvertreter auf der Durchreise" (kein Scherz!) im Hotel der Niederländer ein und schrieb über wilde Partys der Oranjes mit jungen Mädchen. Da musste Topstar Johan Cruyff dann in langen Festnetztelefonaten seiner Frau daheim erklären, dass alles ganz anders war.

So etwas ist danach nie wieder passiert. Aber noch heute werden Spargelvertreter an jeder Hotelrezeption misstrauisch beäugt.