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Das öffentliche Sterben der Ulrike Maier

Ihr Name steht für eine der schlimmsten Geschichten des Skirennsports. Aber auch für eine der schönsten.

Heinz Bayer

Rauris erinnert sich. Aber erinnert sich eigentlich auch noch die Welt?

Am 29. Jänner 1994 starb Ulrike Maier. Sie kam bei der Kandahar-Abfahrt in Garmisch-Partenkirchen schwer zu Sturz. Mit 104 Stundenkilometern. Das Rennen wurde trotz des fatalen Unfalls fortgesetzt. Zwanzig Jahre liegt das alles zurück. Rauris erinnert sich. Am Freitag, 31. Jänner, im Rahmen einer Gedenkmesse in der Pfarrkirche (18 Uhr).

Der Name von Ulli Maier steht nicht nur für eine Tragödie. Er steht auch für eine der schönsten Geschichten des Skirennsports. Mit drei hundertstel Sekunden Vorsprung auf ihre Teamkollegin Sigrid Wolf holte sie sich bei der WM 1989 in Vail den Titel im Super G.

Der sportliche Erfolg wurde durch ein sehr privates und sehr schönes Geheimnis in die richtige Dimension gerückt. Als etwas zwar absolut Wunderbares, aber eben nicht als das Wunderbarste.

Ulli Maier war bei ihrem Sieglauf in Vail nämlich im dritten Monat schwanger und wurde so gesehen, mit ihrem Kind im Bauch, zur "Doppelweltmeisterin". Sie unterbrach nach der WM die Karriere und brachte Tochter Melanie zur Welt - ein gemeinsames Kind mit ihrem Lebensgefährten Hubert Schweighofer. Auch der war damals Skirennläufer.

1991, nach einer zusätzlichen, langen Pause, erzwungen von einer Meniskusverletzung, verteidigte Ulli Maier ihren Titel bei der WM in Saalbach-Hinterglemm. An sich unerwartet.

Selten zuvor - und nie mehr danach - zeigte der Skisport ein so menschliches Gesicht. Das Bild der jungen, strahlenden Mutter, die ihr Kind küsst und an deren Seite der gerührte Freund steht, ging um die Welt. Auch als Symbol dafür, was im Leben wirklich wichtig ist.

Ulli Maiers Tod drei Jahre später wurde zur gnadenlos öffentlichen Angelegenheit. Erst war der Unfall live im TV zu sehen. Dann geriet die Beerdigung zum Medienspektakel samt Fernsehdirektschaltung.

Wenn sich Rauris am 20. Jahrestag an Ulli Maier erinnert, dann erinnert man sich im Ort auch an ihren Vater Balthasar.

"Baldi" war ihr erster Trainer und ihr größter Fan. Er starb 2013. Vater und Tochter liegen in einem Grab.