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Warum die Tennisprofis politisch korrekt sind

Dem Tennis fehlen die Charaktere und Rivalitäten? Von wegen, sagt Alexander Zverev. Die Stars hätten nur Angst, ihre Meinung zu äußern.

Christian Mortsch
Alexander Zverev mit offenen Worten.
Alexander Zverev mit offenen Worten.

Alexander Zverev gehört zu jenen Tennisprofis, die ihr Herz noch auf der Zunge tragen. So geschehen nun in München, wo er nach dem überraschenden Auftakt-Aus offen über eine für ihn zu große Bürde sprach. Schon als Teenager in Deutschland als der nächste Boris Becker herbeigesehnt, erdrückt ihn diese Last speziell vor Heimpublikum. Olympia-Gold mag ihm ein wenig von diesem Ballast abgenommen haben, doch der ultimative Erfolg im Tennis fehlt ihm noch. In Paris 2022 war er auf dem Weg zu ebendiesem Grand-Slam-Titel und zur Nummer eins, als ihn eine schwere Fußverletzung stoppte.

Das Comeback verläuft zäh und so sorgte er zuletzt mehr mit Aussagen für Aufsehen. Laut ihm trauen sich viele Spieler aus Imagegründen nicht mehr, ihre Meinung zu sagen. "Es gibt mehr Political Correctness. Das hat auch viel mit den neuen Medien zu tun. Man will gut rüberkommen und bloß nicht zu viel eigene Meinung rüberbringen", sagte der 26-Jährige der "Sports Illustrated". Viele Profis hätten Angst, ihre Gedanken frei zu äußern.

Dem Vorwurf, dass es der neuen Generation an starken Charakteren mangle, widersprach Zverev aber. "Ein Blick auf die Rivalität zwischen Daniil Medwedew und Stefanos Tsitsipas reicht, um das Gegenteil zu beweisen. Ich kann versichern, dass es die in der Umkleide immer noch ausreichend gibt", sagt er. Er selbst hatte sich erst in Monte Carlo mit Medwedew eine öffentliche Meinungsverschiedenheit über Fairness geliefert. Als Tennisfan ist ihm zu wünschen, dass er den ultimativen Erfolg noch einfährt, damit so sein Wort noch mehr Kraft erhält.