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Vanek hat die Freiheit einer ungewissen Zukunft

Juni in Montréal. Diese Woche ist die Formel 1 hier, der Grand Prix ist der größte Tourismusevent des Jahres, die Hotelpreise steigen ins Absurde, und die, die für das Rennen mitzahlen, bekommen zig-Steuermillionen zurück.

Gerhard Kuntschik

Doch in der Stadt gibt es neben Hamilton vs. Rosberg ein noch größeres Thema: Warum sind die stolzen Canadiens nach einer sensationellen Hockeysaison im Ost-Finale an den New York Rangers gescheitert? Warum spielen die im Finale um den Stanley Cup gegen Los Angeles und nicht die "Habs"? Die haben gute Erinnerungen an die Kings: gegen sie (damals mit Gretzky!) wurde 1993 der letzte Stanley Cup nach Montréal geholt.

Es sind keine direkten Schuldzuweisungen, doch generell hört man immer wieder (und liest in den Zeitungen): Mit einem Thomas Vanek in Hochform wären die Canadiens im Finale.

Doch Vanek blieb (für seine Verhältnisse, und der Maßstab liegt eben hoch) bestenfalls Durchschnitt beim 2:4 in der Serie gegen die Rangers. In 35 Spielen seit dem Wechsel im März nach Montréal machte Österreichs Eishockey-Topstar 25 Punkte, doch in den Play-offs nur 10, und die fünf Tore kamen in nur drei Spielen.

Vanek hatte Samstag voriger Woche seinen (wahrscheinlich) letzten Auftritt als Canadien: beim Ausräumen seiner Sachen in der Kabine. Bei den SN meldete sich Vanek: "Bin bereits in Buffalo bei meiner Familie." Die blieb in seiner Langzeitheimat auch nach dem Wechsel im Herbst 2013 zu den New York Islanders und später der Rochade nach Montréal.

Wie es mit Vanek weitergeht, ist offen, und er gibt auch keine Hinweise. Mit 1. Juli ist sein laufender Siebenjahresvertrag, der ihm 2007 dank der Lizitation von Edmonton 7,1 Mill. US-Dollar Jahresgage im Schnitt brachte, zu Ende. Vanek testet also den Markt der freien Spieler - und ist dort eines der Topangebote, egal, wie man seine Leistungen in Montréal sieht. Er wird vernutlich bei seinem neuen Klub (es wird kaum wieder Montréal oder die Islanders sein) weniger als bisher, aber immer noch sehr gut verdienen. Viele Experten in Nordamerika sehen ihn heimkehren nach Minnesota, wo er die Jugend mit Highschool und College verbrachte und seine Frau Ashley kennenlernte, wo er sich im Sommer immer noch zu Hause fühlt. Und die Wild hätten "Platz" für einen Topstar, was die Gagenobergrenze (Salary Cap) betrifft, denn der Spielraum liegt bei 20 Mill. Dollar. Aber vielleicht kommt alles ganz anders.

"Ich will nach dieser Saison den freien Markt ausloten", hatte er schon früher erklärt. Teams, die einen linken Flügel für die ersten beiden Sturmreihen suchen und Platz im Gehaltsschema haben: z. B. Detroit, Philadelphia und Nashville. Für Vanek wird abzuwägen sein: höhere Gage oder größtmögliche Titelchance?

Werbeunterstützung in Montréal bekam er in den vergangenen Tagen keine. Canadiens-Legende Guy Lafleur kritisierte Vanek in der "Montréal Gazette" heftig: "Er hätte härter arbeiten müssen, mit dem Kopf voran in die Bande, denn du brauchst nur solche Typen in den Play-offs."