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Es gibt keinen Grund, den Panikknopf zu drücken

Für junge Talente ist es nicht mehr so leicht, im Skispringen an die Weltspitze zu kommen.

Thomas Morgenstern

Weil es bei den heimischen Springern aktuell nicht ganz rundläuft, wurde auch die Frage laut, warum es heute keine Talente mehr gibt, wie es einst Gregor Schlierenzauer oder ich selbst waren. Wir sind bereits mit 16 Jahren im Weltcup gesprungen, doch war so ein früher Durchbruch schon damals nicht alltäglich und ist heute noch viel schwieriger.

Erstens gibt es für eine solche Entwicklung keinen vorgezeichneten Plan, nach dem man sich orientieren könnte. Und zweitens hat sich in den letzten 10, 15 Jahren im Skispringen unglaublich viel verändert - vor allem beim Material. Und gerade in diesem Bereich ist es sehr schwierig, sich immer wieder auf die stetigen Neuerungen einzustellen. Daher hat sich bis auf wenige Ausnahmen wie letzte Saison der Slowene Domen Prevc das Einstiegsalter nach hinten verschoben. Die "Jungen", die heute in der Weltspitze ankommen, sind meistens schon 20 Jahre oder älter.

Derzeit wird alles Cheftrainer Heinz Kuttin zur Last gelegt. Das finde ich nicht in Ordnung. Als er vor drei Jahren die Mannschaft übernommen hat, fand gerade ein gravierender Umbruch statt. Wolfgang Loitzl, Martin Koch und ich hatten aufgehört, Gregor Schlierenzauer und Andreas Kofler waren in der Krise. Dafür haben sich Stefan Kraft und Michael Hayböck unter seiner Führung toll entwickelt. Die Problematik im Skisprunglager liegt vielmehr darin, dass die Anfragen von Kindern geringer sind als früher. Daher muss schleunigst an einer größeren Breite gearbeitet werden. Und auch bei den Trainingsmöglichkeiten gibt es Aufholbedarf. Bischofshofen ist eine einzigartige Schanze, die sich mit ihrer Charakteristik zum Trainieren ebenso wenig eignet wie der Bergisel, der erst spät präpariert wird und wo es sehr oft Windprobleme gibt.

Unterm Strich sehe ich aber keinen Grund, den Panikknopf zu drücken. Die Saison ist noch jung und erinnert mich an 2005/06. Da waren wir bei der Tournee auch schwach, haben dann aber bei der Skiflug-WM am Kulm Silber und Bronze und bei Olympia in Turin Gold und Silber geholt.

Thomas Morgenstern (31) ist dreifacher Olympiasieger, achtfacher Weltmeister, zweifacher Gewinner des Gesamtweltcups und Tourneesieger.