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Adventkalender für Politiker

Basteln wir uns einen politisch korrekten Jahresendfeier-Distanzanzeiger.

Alexander Purger

Darf man in Zeiten, in denen gegen Kirchenglocken und Erstkommunionslieder mit gerichtlichen Klagen vorgegangen wird, noch einen Adventkalender besitzen? Vermutlich ist es politisch völlig unkorrekt, die Tage bis zur Ankunft des/r Herrn/in zu zählen. Vermutlich muss der Adventkalender jetzt Jahresendfeier-Distanzanzeiger heißen. Basteln wir uns also einen politisch korrekten Jahresendfeier-Distanzanzeiger.

Fenster 1 Rührendes Gruppenbild mit Zuckerguss: Parteien und Gewerkschaften knien andächtig vor dem Denkmal der unbekannten Steuerreform-Finanzierung.

Fenster 2 Das Bundesheer auf Herbergssuche, dargestellt in dunkler Tarn-Bitterschokolade, zieht zu den Klängen der eingesparten Militärkapellen von zugesperrter Kaserne zu zugesperrter Kaserne.

Fenster 3 Was ist denn das? Ein paar dünne Fäden rosaroter Zuckerwatte. - Das werden doch nicht die Neos sein?

Fenster 4 Türkischer Honig. Darf man das noch sagen? Keine Ahnung. Machen wir das Fenster lieber rasch wieder zu.

Fenster 5 Krampus-Tag (darf man das noch sagen?). HC Strache mit heraushängender Zunge und rasselnden Ketten als Kinderschreck, modelliert aus Windbäckerei.

Fenster 6 St.-Nikolaus-Tag (das darf man sicher nicht sagen!). Heute gibt es ein Marzipan-Relief: Werner Faymann mit langem weißen Bart greift in seine Butte und verteilt an die Armen großzügig Negativsteuern.

Fenster 7 Aber das ist ja leer, komplett leer! Nein, Korrektur: Dieses Fenster symbolisiert die österreichische Reformpolitik.

Fenster 8 Eine angeknackste Krachmandel namens Frank.

Fenster 9 Ein allerliebstes Kegelspiel aus Schokolade. Sieben Kegel fallen mitunter um, nur zwei bleiben immer stehen, und das seit Jahrzehnten. - Die österreichische Landeshauptleutekonferenz.

Fenster 10 Süße Lakritzen, unwiderstehlich aussehend, aber bitter im Abgang. Eine Kollektion Wahlzuckerl.

Fenster 11 Vier zarte Schaumrollen. Das sind die Säulen, auf denen der ÖVP-Obmannsessel ruht.

Fenster 12 Ein Kessel Schokofondue, so finster und groß wie unser Budgetdefizit.

Fenster 13 Puh, da dringt uns ja ein ganzer Schwall heißer Luft entgegen! Österreichs Beitrag zur Weltpolitik.

Fenster 14 Eine Feige, nachgebildet aus Marzipan. Außen blau, innen rot - das Lieblingsobst der Freiheitlichen.

Fenster 15 Ein Lebkuchenhaus! Aber ein bissel wackelig - das Parlament.

Fenster 16 Ein wildes, unentwirrbares Knäuel von Essgummi-Schlangen, Zuckerfäden und Lakritzstangen. Kenner meinen darin das bundesstaatliche Verhältnis von Bund, Ländern und Gemeinden zu erkennen.

Fenster 17 Ein Twinnie! Der orange-grüne Doppeleislutscher, verbunden durch seine Schokoglasur wie unsere rot-schwarze Koalition durch ihren Machtwillen.

Fenster 18 Ein Zuckerkristall, kaum mit der Lupe zu erkennen, weil ganz weit weg. Es dürfte sich um das Nulldefizit handeln.

Fenster 19 Ein verführerischer Eisbecher,
der nur leider in der Sonne schmilzt. Die Pensionsaussichten unserer Jugend.

Fenster 20 Ein Kaugummi: ständiges Wiederkäuen des immer Gleichen und hin und wieder große Blasen. Ein Schelm, wer jetzt an die Innenpolitik denkt.

Fenster 21 Ein Würfel mit hellem Nougat, dunklem Nougat, hellem Nougat, dunklem Nougat. Klarer Fall von Proporz.

Fenster 22 Wir nähern uns dem Höhepunkt: Feinstes Esspapier, bedruckt mit bis auf die Zehntelunze fein abgewogenen Worten.
Sie stammen natürlich von unserem Herrn Bundespräsidenten.

Fenster 23 Morgen, Kinder, wird's was geben! Berge an Geschenken. Offensichtlich ist schon wieder Wahlkampf.

Fenster 24 Zu guter Letzt kommen auch die Bürger vor: als schweigende Zuseher (früher Ochs und Esel genannt).