SN.AT / Kolumne / Purgertorium / Purgertorium

Alle Wetter

Alexander Purger

Was herrscht momentan:
a) die Regierung Faymann/Spindelegger;
b) stabile Hochkonjunktur;
c) ein eklatanter Mangel an Gesprächsstoff?

Die richtige Antwort ist natürlich c).
Denn die Fußball-WM ist zu Ende, die Politik genießt ihren wohl- oder übelverdienten
Urlaub, der nächste österreichische Fußballmeister steht nach Runde eins bereits fest, und vor allem: kein Nachtslalom weit und breit.

Was also reden? Es gibt einige schwächliche Versuche, das Thema Bundeshymne hochzuziehen. Sie wissen: Töchter und so. Aber hat diese Debatte nicht schon eine ziemliche Bärtin? Eben. Was bleibt somit als Gesprächsstoff übrig? Das Wetter. Das Wetter wurde seinerzeit extra erfunden, damit die Leute außer "Ich sitz grad im Bus!" auch noch "Und wie ist das Wetter bei euch?" ins Telefon sagen können. Sonst gibt es überhaupt keinen logischen Grund, warum das Wetter dauernd wechseln sollte.

Das Datum, zu dem die Erfindung des Wetters Platz(-regen) griff, ist exakt überliefert. Es war der erste Tag der Schöpfungsgeschichte, übrigens ein Montag. Da schuf Gott den Himmel und die Erde, und ohne diese Grundlagenarbeit gäbe es selbstregnend kein Wetter. Ohne Himmel und Erde müsste Christa Kummer nach der "Zeit im Bild" Daumen drehen. Oder in ihren Worten: Dann wäre Daumendrehen ein Thema.
Das soeben erfundene Wetter war - wie alle Erfindungen - anfangs noch nicht ganz ausgereift. Es gab Schwefelstürme, schwarze Löcher, Meteoritenregen und was dergleichen unerfreuliche Dinge mehr sind. In manchen Winkeln des Weltraums hatte es minus 400 Grad (was es heutzutage nur noch im Lungau gibt), und 95 Prozent der dortigen Bevölkerung war in der Angoraunterwäsche-Herstellung beschäftigt. Auf anderen Planeten hatte es wiederum 400 Plusgrade, und man kann sich vorstellen, mit welchen Riesenautos die Leute damals unterwegs gewesen sein müssen, um eine derartige Klimaerwärmung hervorzurufen. Sie müssen ökologische Fußabdrücke gehabt haben wie Dinosaurier (wenn es die damals schon gegeben hätte). Was es aber dafür gab: jede Menge Gesprächsstoff. "Und wie ätzend war der
Ammoniakregen bei euch gestern?"

Welche Wertschätzung das Wetter als Gesprächsstoff-Lieferant bis heute genießt, zeigt sich daran, dass Österreich zu seiner Produktion gleich vier verschiedene Wetterdienste unterhält. Bei einem einzigen Wetterdienst bestünde ja die Gefahr eines zentralistischen Einheitswetters, über das niemand auch nur ein Wort verlieren würde. Erst durch vier Wetterküchen ist kommunikationsfördernde Vielfalt garantiert.

Wobei man sich aber um den Wetterdienst des Bundesheeres derzeit gewisse Sorgen machen muss. Bei den dortigen Budgetnöten ist es nicht auszuschließen, dass kostspielige Wetterkomponenten wie Hagelkörner, Kugelblitze und dergleichen demnächst streng rationiert oder gar völlig eingespart werden. Im wetterwendischen Generalstab wird dem Vernehmen nach sogar überlegt, ganze Wolkengattungen wie Cumulonimbus, Cirrus oder die seit ihrer Anschaffung äußerst umstrittenen Stratocumulus stillzulegen.
Die Folge dieses Kaputtsparens wäre ein sprachlos machendes Schönwetter-Einerlei, woran auch die löblichen Pläne unseres weltmeisterlichen Nachbarn wenig ändern würde, den Grenzübertritt österreichischer Wolkenbänke nach Deutschland mittels wolkiger Mautpläne zu unterbinden. (Was im Übrigen krass EU-Rechts-widrig ist, wie Ihnen jeder Kinderarzt auf Capri gegen einen gewissen Barerlag gerne bestätigen wird.)
Dunkle Wolken brauen sich also über Österreich zusammen, wenn die Wolken und damit das schlechte Wetter aus faden(regen)scheinigen Gründen eingespart werden sollten. Nicht nur ginge uns dadurch der letzte Gesprächsstoff aus. Nein, es wäre noch etwas Zweites, viel Schlimmeres. Denn machen wir uns nichts vor: Diese Regierung besteuert alles, was schön ist - Geld verdienen, Erbschaften machen, Auto fahren, Sekt trinken und so weiter und so arg. Glauben Sie, diese Regierung würde lange zögern, von uns eine Steuer für den ewig blauen, wolkenlosen Himmel zu verlangen?