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Das höchste Amt bekleiden, aber richtig

Nabelpiercings: nein. Rote Schuhe: unter Umständen. Kleine Stilkunde für Bundespräsidenten.

Alexander Purger

Seltsam ist er schon, dieser Wahlkampf. Die wirklich wichtigen Dinge kommen nicht zur Sprache. Zum Beispiel die Dienstkleidung des künftigen Bundespräsidenten.

Die Kleidung des Staatsoberhauptes ist eine in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzende Angelegenheit. Schließlich heißt es nicht von ungefähr, jemand bekleide ein hohes Amt. In Byzanz durfte der Kaiser und nur der Kaiser purpurfarbene Gewänder und purpurne Schuhe tragen. In Rom war es exklusives Vorrecht des Konsuls, aus rotem Leder gefertigte Schuhe anzuziehen und auf seiner Toga einen breiten Purpurstreifen zu tragen. Üblicherweise war die Toga weiß, nur in schweren Krisenzeiten des Staates wurde eine schwarze oder dunkelgraue Toga angelegt. Wodurch hinlänglich erklärt ist, warum unsere Politiker immer dunkle Anzüge tragen.

Damit ist das Stichwort gefallen: Wir wissen zwar, dass ein neuer Bundespräsident im Anzug ist - am 8. Juli wird er angelobt -, aber wir wissen nicht, welchen er dabei tragen wird. Einen Einreiher? Einen Zweireiher? Mit oder ohne Stecktuch? Mit Garn von glücklichen Schafen oder nicht? Wird er das heimische Handwerk fördern und Maßkleidung wählen? Oder Dutzendware aus China? Das sind entscheidende, bislang zu Unrecht im Wahlkampf nicht erörterte Fragen.

Denn spätestens seit Gottfried Keller weiß man: Kleider machen Leute. Und Präsidentschaftskandidaten. Als Alexander Van der Bellen (der übrigens niemals bei den Grünen war) das erste Mal in dunklem Anzug mit weißem Hemd und Seidenkrawatte auftrat, wusste man, noch ehe er den Mund aufmachte: Dieser Mann will in die Hofburg.

Auch die anderen Bewerber entwickelten ab dem Wahlkampfstart eine deutliche Vorliebe für gedeckte Farben. Also die Herren. Die einzige Kandidatin, Irmgard Griss, trägt keine dunklen Herrenanzüge, sie ist ja nicht Marlene Dietrich. Griss profitiert davon, dass das Staatskleid für Frauen wesentlich weniger standardisiert ist als für Männer. Ein Staats- und/oder Regierungschef kann dunkle Anzüge tragen und sonst nichts, weshalb Gruppenbilder von EU-Gipfeln meist wie Schnappschüsse von einer Beerdigung wirken. Eine Staatsoberhäuptin hingegen hat mehr modische Möglichkeiten, die bis ins Pastellige gehen, wie man von der englischen Queen weiß.

Tabu sind, das sei der Vollständigkeit halber erwähnt, sowohl für Damen als auch für Herren Hofburg-Kandidaten modische Accessoires wie Nasen-, Zungen- oder Nabelpiercings und auch Tätowierungen, speziell A. . .geweihe.

Purpurrote Schuhe sind dem Bundespräsidenten erlaubt, aber nur wenn er gleichzeitig Kaiser von Byzanz ist. Oder Papst.