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Der Christkindlmarkt auf dem Ballhausplatz sperrt auf

Was die Mitglieder der Regierung in der stillsten Zeit des Jahres so zu bieten haben.

Alexander Purger

Was gibt es praktisch in jeder Ortschaft Österreichs? Ein Postamt, ein Wirtshaus, ein Polizeikommissariat, eine Schule? Alles falsch. Die richtige Antwort lautet: im Sommer Festspiele und im Winter einen Adventmarkt.

Daran nimmt auch die Politik Maß. Sie veranstaltet wahre Festspiele, und das ganzjährig. Und jetzt, im schweißtreibenden Winter, beginnt der politische Christkindlmarkt. Man kann sich das etwa so vorstellen:

Vor dem Kanzleramt wird das übliche Hüttendorf mit Reisig-Verbrämung aufgebaut. Gleich beim Eingang versucht Agrarminister Andrä Rupprechter seine Wurstplatten unters Volk zu bringen. Gleich daneben (das gastronomische Angebot ist wie immer in der Überzahl) wird Wein angeboten, allerdings nur gespritzter. Oder hat jemand erwartet, dass die Regierung reinen Wein einschenkt?

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner betreibt einen Stand, an dem allerlei Zäune feilgeboten werden. Allerdings handelt es sich um Zäune aus rosa Zuckerwatte, also um sogenannte Willkommenszäune.

Karierte Filzpatschen gibt es am Standl von Sozialminister Rudolf Hundstorfer zu kaufen. Sie werden jedoch nur an Kunden ab 45 Jahren abgegeben. Hundstorfer sieht darin einen ganz wesentlichen Schritt zur Erhöhung des faktischen Pensionsalters.

Daneben lädt das Event-Hüttchen "Houdini" zum Verweilen ein. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner führt darin im Leopardenkostüm die Entfesselung der Wirtschaft vor. Was entfesselt werden soll, muss vor der Vorstellung klarerweise erst gefesselt werden. In dieser Phase befindet sich Mitterlehner derzeit.

Dann folgen wieder zwei Gastro-Stände. Am ersten serviert Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek ein viergängiges Menü in einem Topf. Sie ist ja gegen das differenzierte Küchensystem. Am zweiten Stand bietet das bekannte Cateringunternehmen "Bundesheer" seine Köstlichkeiten an. Besonders beliebt: der süße Cupcake "Stahlhelm".

Keinen eigenen Stand hat vorerst Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. Sie muss erst die Länder um Erlaubnis fragen. Keinen Stand betreibt auch Finanzminister Hans Jörg Schelling. Er ist - als Bürokratieabbau-Engerl verkleidet - unterwegs und kontrolliert, ob bei jeder verkauften Maroni die Registrierkassenpflicht eingehalten wird.

Ebenfalls kein Standl betreibt vorerst auch Kanzler Werner Faymann. Josef Ostermayer muss mit ihm noch für den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis büffeln. Dafür hat sich Bundespräsident Heinz Fischer unters fahrende Volk gemischt. Er verkauft seine Restbestände an mahnenden Worten. Da er bald in Pension geht, braucht er sie ja nicht mehr.