Unwillkürlich fühlt man sich an das Schauspiel vom hungrigen Wolfsrudel und dem Knochen erinnert. Kaum hat die Regierung den bösen Banken (indirekt also den Bankkunden) eine Einmalzahlung von einer Milliarde Euro abgepresst, ist schon der Streit um den unverhofften Brocken losgebrochen.
Die SPÖ streitet mit der ÖVP, der Bund mit den Ländern, die Universitäten mit den Fachhochschulen, die Befürworter von Ganztagsschulen mit jenen von Nachmittagsbetreuung. Am Ende wird der Knochen, Pardon, die Milliarde zerfleddert daliegen und niemand wird wirklich satt geworden sein.
Die Vorgänge rund um die Bankenmilliarde illustrieren trefflich den Zustand der Politik. Es fehlt ihr jeglicher finanzielle Spielraum. Umso erbitterter wird um jeden auftauchenden Geldbatzen gerungen. Umso intensiver wird nach immer neuen Steuern und Belastungen gesucht. Umso ideen-, antriebs- und zielloser wirkt die Politik insgesamt. Denn um politische Ziele verwirklichen zu können, braucht man finanzielle Mittel. Ein Minister kann nur dann ein eigenständiges Profil entwickeln, wenn er die nötige Summe verfügbar hat, mit der er seine Ideen verwirklichen kann.
Aber trotz der horrenden Steuerbelastung in Österreich hat kein Politiker verfügbare Mittel. Die Budgets sind zu 96 bis 97 Prozent fix verplant. Das Geld fließt aufgrund von Gesetzen und Bürokratie hierhin und dorthin. Der scheinbar so mächtige Minister kann es nicht beeinflussen. Um Politik zu machen, bleiben ihm nur wenige Prozent seines Budgets. Praktisch nichts. Da regt sich die ketzerische Frage: Reicht dann nicht auch ein Buchhalter? Wozu braucht man überhaupt Politiker, wenn sie ohnehin keinen Spielraum haben?
Die Antwort ist ganz einfach: Damit sie sich diesen Spielraum schaffen!
Wenn aus Geldmangel keine Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung mehr möglich sind; wenn die einzig zielführende Form der Wirtschaftsankurbelung - die massive Senkung der Steuern - finanziell nicht machbar ist; wenn für aktuelle Herausforderungen wie die Bewältigung der Migrationskrise bei Weitem nicht die notwendigen Mittel vorhanden sind: Dann muss die Politik ihre gesamte bisherige Tätigkeit infrage stellen.
Der Staat erklärt sich für alles zuständig, weil er behauptet, alles besser zu können. Mit dieser Behauptung presst er den Steuerzahler aus wie eine Zitrone, ohne aber (siehe oben) sein Versprechen erfüllen zu können.
Der Staat hat sich selbst überfordert. Er sollte daher seine Allmachtsfantasien zurückschrauben und sich vom omnipräsenten Übervater auf ein erträgliches Maß zurück reformieren. Dann hätten seine Amtsträger auch wieder finanziellen Spielraum für das wirklich Wichtige. Das wäre die zentrale Aufgabe der Politik heute.