Franz Karl Ginzkey schrieb "Hatschi Bratschis Luftballon". Robert Slatin brachte es zum ägyptischen Pascha. Und Rudolf von Eichthal schrieb Romane.
Diese Romane waren gespickt mit Anekdoten aus der k. u. k. Zeit und waren Verkaufsschlager. Besonders galt das für eine autobiographisch gefärbte Tetralogie, in der Eichthal den Aufstieg des jungen Offiziers Erwin Spielvogel zum Generalstäbler und sein Schicksal nach dem Zerfall der Monarchie schilderte. Am Ende des vierten Bandes mit dem Titel "Der Marschallstab" steht eine Szene, die sich dieser Tage auf wundersame Weise wiederholte:
Als Spielvogel aus dem Krieg heimkehrt, muss er sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlagen. Durch Zufall entdeckt man sein enormes musikalisches Talent und da er alle Opern auswendig spielen kann, wird er Solokorrepetitor der Wiener Staatsoper.
Eines Tages steht eine Festaufführung der Wagner-Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" auf dem Programm. Der Direktor persönlich ist als Dirigent vorgesehen, erleidet aber einen Herzanfall und muss ins Spital gebracht werden. Es beginnt die fieberhafte Suche nach einem Ersatzdirigenten, doch sie verläuft ergebnislos.
Da verfällt man als letzten Ausweg auf den Solokorrepetitor. Spielvogel erklärt sich bereit, die "Meistersinger" zu dirigieren, rettet dadurch die Aufführung und feiert einen rauschenden Erfolg. Am Ende liegt ihm die ganze Oper zu Füßen. Manche meinen sogar, er dirigiere besser als der Direktor.
Für Spielvogel beginnt mit diesem Abend eine große Karriere als Orchesterleiter. In Form des Dirigentenstabes hält er doch noch den Marschallstab in Händen, der ihm in seiner Karriere als Offizier verwehrt geblieben war (daher der Titel des vierten Roman-Teils).
Bekanntlich ereignete sich am Ostersonntag in der Wiener Staatsoper fast genau das Gleiche: Der Co-Direktor Franz Welser-Möst sollte Richard Wagners Oper "Parsifal" dirigieren, erlitt aber im ersten Akt einen Zusammenbruch und musste mit der Rettung ins Spital gebracht werden.
Es folgten eine lange, vergebliche Suche nach einem Ersatzdirigenten, schließlich das rettende Einspringen des Solokorrepetitors James Pearson und ein rauschender Erfolg. - Ein Abend wie ein Roman. (Ob der neue Schwinger des Marschallstabs eine Vergangenheit als Generalstabsoffizier hat, ist übrigens nicht bekannt.)