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Eine Dreierkoalition mit 40 Mitgliedern

Große Dinge stehen bevor. Angenommen, SPÖ und ÖVP verlieren bei der Nationalratswahl im Herbst genauso viel, wie sie in Salzburg verloren haben, nämlich zusammen mehr als 20 Prozentpunkte.

Alexander Purger

Dann ist Rot-Schwarz auf Bundesebene ein schmucke Mittelpartei mit 35 Prozent. Das würde nach Adam Zwerg bedeuten, dass die Große Kleinkoalition alleine nicht mehr die Mehrheit im Parlament hätte, sondern eine Kraftinfusion in Form eines dritten Partners bräuchte. Sprich Dreierkoalition.

Nun geht die Rede, dass dies die erste Dreierkoalition wäre, die Österreich regiert (Zweierkoalitionen, die Österreich regierten, hatten wir ja schon mehrere, aber das ist schon länger her). Und es geht weiters die Rede, dass dann in Österreich alles ganz furchtbar würde. Sprich Unregierbarkeit.

Beides hält einer näheren Überprüfung nicht stand. Denn erstens hatte Österreich bereits von April bis Dezember 1945 eine Dreierkoalition. Und zweitens kann man nicht behaupten, dass da nichts weitergegangen wäre.

Aus der Not der Zeit bildete sich nach Kriegsende in Wien eine Konzentrationsregierung aller drei damals zugelassenen Parteien. Das waren ÖVP, SPÖ und KPÖ. Diese "Provisorische Staatsregierung" umfasste 40 (in Worten: vierzig) Mitglieder, was daran lag, dass jedes Ministerium dreifach besetzt war. Stellte eine Partei den Minister (damals: Staatssekretär), durften die beiden anderen Parteien im betreffenden Ressort je einen Staatssekretär (damals: Unterstaatssekretär) stellen. Sprich Sechs-Augen-Prinzip.

Das gleiche erleben wird gerade in Italien. Dort umfasst die neue Grande Coalizione auf Grund des Sechs- bis Acht-Augen-Prinzips sage und schreibe 63 Mitglieder. Was aber noch als schlank gilt. Denn in Rom gab es auch schon Regierungen mit mehr als 100 (!) Mitgliedern. Nur zum Vergleich: Das ist fünf Mal so groß wie unsere Regierung. Sprich fünf Mal Berlakovich.

Das italienische Staatsschiff hat aber auch das ausgehalten. Wobei die Italiener eine spezielle Vorstellung von Staatsschiff haben dürften. Denn Beppe Grillo bestieg einst bei einer Kundgebung plötzlich ein knall-oranges Schlauchboot und fuhr darin über den Köpfen seiner Anhänger spazieren. Mit nach oben gereckten Händen reichten seine Anhänger den Meister auf dem ganzen Platz herum, während er oben im Schlauchboot saß und seine Parolen brüllte. Da sollte sich Frank Stronach einmal ein Beispiel nehmen.

Und interessant: Grillo hatte offenbar nicht die geringste Angst, dass ihm irgendwer das Schlauchboot aufstechen könnte. Das liegt sicher daran, dass Italien ein Mehrkammernsystem hat.