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Gute Gewerkschafter, böse Gewerkschafter

Die Politik hört auf viele Interessenvertreter. Nur auf einen hört sie nicht.

Alexander Purger

In der Debatte über die nur schleppend vorankommende Reform der Schulverwaltung wird gern und laut über die Bremser in der Gewerkschaft geklagt. Der Lehrergewerkschaft wird dabei zweierlei zum Vorwurf gemacht. Zum einen, dass sie Klientelpolitik betreibe. Und zum anderen, dass sie die Regierung am Regieren hindere.

Zu diesem zweiten Vorwurf ist zu sagen: Zum Hindern gehören immer zwei - einer, der hindert, und einer, der sich hindern lässt. Und beim ersten Vorwurf, jenem der Klientelpolitik, fällt auf, dass er immer nur gegen die Beamtengewerkschaft erhoben wird.

Nie wird der Rest des ÖGB dafür kritisiert, dass er klarerweise ebenfalls Klientelpolitik betreibt und damit die Regierung am Regieren hindert. Ja, der ÖGB hält sich sogar eigene Minister in der Regierung, deren klarer Arbeitsauftrag das Nicht-Regieren ist. Man denke nur an die kunstvolle Verschleppung jeglicher Schritte zur Sicherung der Pensionen oder zur Reform der Sozialversicherungen.

Es gibt in der öffentlichen Debatte also zwei Klassen von Gewerkschaftern, die guten und die bösen. In Wahrheit tun alle Gewerkschaften das Gleiche, nämlich das, wofür sie von ihren Mitgliedern mit Beiträgen bezahlt werden: Sie vertreten deren Interessen.

Und das ist gut so. Nicht gut ist, dass die Regierung regelmäßig vor den Gewerkschaften in die Knie geht oder ihnen sogar das Regieren überlässt. Das ist ausgesprochen schlecht.

Gutes Regieren kann man sich vorstellen wie eine Gerichtsverhandlung. Die Regierung hört die Anwälte aller Beteiligten an, wägt deren Meinungen ab und trifft dann eine Entscheidung im Interesse der Allgemeinheit. Die Gewerkschafter, Kämmerer und sonstigen Interessenvertreter haben in diesem Prozess klarerweise Sitz und Stimme. Aber als Anwälte unter vielen, nicht als Richter!

In Österreich ist es so, dass die Interessenvertreter weniger auf die Kraft ihrer Argumente, sondern lieber auf ihre politische Macht setzen. Durch ihre Vertreter in der Regierung und im Parlament üben sie Druck auf die Parteien aus und erzwingen so politische Entscheidungen in ihrem Sinne.

Der geschilderte politische Prozess wird auch durch einen zweiten Umstand verzerrt. Dadurch, dass ein Anwalt fehlt - nämlich jener der Steuerzahler. In und rund um die Politik tummeln sich Hunderte Spezial-Interessenvertreter, die alle mehr Geld vom Staat wollen. Aber eine Interessenvertretung des Steuerzahlers, der all dieses Geld zur Verfügung stellt, gibt es nicht. Seine Stimme wird im politischen Prozess nicht gehört.

Und so schauen die Politik und die Steuerbelastung in Österreich dann halt auch aus.