Große Dinge stehen bevor. Heute, Dienstag, präsentiert Frank Stronach sein mit sieben Volt Spannung erwartetes Parteiprogramm. Es wird nach unbestätigten Meldungen unter dem Motto "Leistung bis zu neun Watt muss sich wieder lohnen" stehen und dürfte beim politischen Gegner auf nicht unter neun Ohm Widerstand stoßen.
Literaturwissenschafter erwarten einen künstlerischen Leckerbissen, zählen Parteiprogramme doch zu den meist unterschätzten Gattungen der Literatur. Gut, Kafkas Erzählung "Die Verwandlung" beginnt mit dem Satz: "Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt." (Was zu einem der berühmtesten Anfangssätze der Literaturgeschichte wurde. Nur der Beginn von Melvilles "Moby Dick" ist noch eine Kleinigkeit berühmter. Er lautet schlicht: "Nennt mich Ismael.")
Aber was ist das gegen die Worte: "Wir haben in unserem Parteiprogramm aus dem Jahr 1978 die Welt, die wir verändern wollen, beschrieben." - Das ist brandaktuell. Das ist lösungsorientiert. Das ist der erste Satz des geltenden SPÖ-Programms.
Überhaupt strotzen Parteiprogramme vor Wahr-, Schön- und Klugheiten, dass man nur so staunt. Lesen Sie selbst und erraten, von welchen Parteien diese ersten Programmsätze stammen:
1. "Geschlossene Weltbilder haben berechtigterweise an Bedeutung und Ansehen verloren, und aktive politische Betätigung rangiert auf der Werteskala der Bevölkerung im unteren Drittel."
2. "Österreich kann es besser."
3. "Freiheit, Sicherheit, Frieden und Wohlergehen für Österreich und seine Bevölkerung sind die Leitlinien und der Maßstab für unser Handeln als soziale, leistungsorientierte und österreichpatriotische politische Kraft."
4. "Wir begründen unsere gesellschaftspolitischen Grundsätze aus dem christlichen Bekenntnis zur Würde des Menschen."
Nun gut, das Rätsel war nicht übermäßig schwer. Die Auflösung lautet: Der erste Satz stammt aus dem Parteiprogramm der Grünen. Satz Nummer zwei eröffnet das geltende BZÖ-Programm. Satz Nummer drei steht am Beginn des FPÖ-Programms. Und der vierte Satz ist dem Parteiprogramm der ÖVP entnommen, das nebenbei bemerkt aus 1995 datiert.
Und nun also Frank Stronach. Wie wird der erste Satz seines Parteiprogramms lauten? Vielleicht à la Kafka: "Als Frank Stronach eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Politiker verwandelt."
Experten tippen freilich eher auf Variante Melville: "Nennt mich Frank."