Gut, die Europawahl war ganz lustig. Aber im Endeffekt ist eine Wahl, bei der es um nichts geht (nicht einmal, wie uns zuvor eingeredet wurde, um den Kommissionspräsidenten), doch nur der halbe Spaß. Daher sind SPÖ und ÖVP jetzt drauf und dran, eine sofortige Nationalratswahl nachzuschießen, was vom Unterhaltungsstandpunkt her rückhaltlos zu begrüßen ist.
Treibende Kraft hinter der Neuwahlidee ist die SPÖ, was verständlich ist, denn sie kann einfach die Wahlplakate vom letzten Herbst verwenden. Auf denen hatte sie uns hoch und heilig eine Reichensteuer versprochen, und wer seine Wahlversprechen nicht einhält, hat den Vorteil, dass er sie beliebig oft wiederverwenden kann.
Leider nichts ist diese Recycling-Idee für die ÖVP. Michael Spindelegger hat zwar ebenfalls sein zentrales Wahlversprechen "Mit mir wird es keine Steuererhöhungen geben" gebrochen, dass es nur so krachte. Aber Spindelegger hat sich ja längst einen neuen Werbespruch zugelegt. Er lautet: "Mit mir wird es keine Steuersenkungen geben." Experten (und sind wir das nicht alle?) gehen davon aus, dass er dieses Versprechen viel eher halten wird als das erste . . .
Dennoch: Den Wahlsieg bei dieser vorgezogenen Nationalratswahl hat Werner Faymann schon in der Tasche. Das liegt an den Reichen und an einem geheimnisvollen Mechanismus, der in den vergangenen Jahrzehnten zu beobachten war: Je stärker die SPÖ war, desto eher ließ sie die ÖVP die Politik bestimmen. Je schwächer sie war, desto mehr wollte sie eigene, also SPÖ-Politik machen. Und da sie derzeit ganz besonders schwach ist, möchte sie gerade ganz, ganz besonders SPÖ-Politik machen.
Das ist für die bösen Reichen in ihren Geldspeichern jetzt natürlich interessant. Denn klarerweise können sie - das ist ja das Fiese an ihnen - eine Milliarde und eine Milliarde zusammenzählen. Daher ist ihnen vollkommen klar, dass sie, wenn sie die Einführung einer Reichensteuer verhindern wollen, bei der nächsten Wahl unbedingt für Werner Faymann stimmen müssen.
Denn viele Stimmen für die SPÖ ist gleich wenig SPÖ-Politik ist gleich keine Reichensteuer. Wenige Stimmen für die SPÖ ist gleich viel SPÖ-Politik ist gleich hohe Reichensteuer. So einfach ist das. Wir werden daher erleben, dass die alpenländischen Dagobert Ducks und Klaas Klevers wie die Blöden für die SPÖ die diamantenbesetzte Werbetrommel rühren werden.
"Willst baden weiter du in Gold, sei diesmal Werner Faymann hold" wird der Werbespruch des hochkarätig besetzten Faymann-Personenkomitees lauten. Auf den Straßen werden an den SPÖ-Werbeständen funkelnagelneue Fünfhunderter als Zigarrenanzünder verteilt werden. Kurz: Die kommende Wahl ist für die SPÖ von vornherein ein gemähter Golfplatz.
Die ÖVP - bisher bekanntlich Büttel des Kapitals - wird diesmal leer ausgehen. Hingegen dürfen die Grünen wie schon bei der EU-Wahl mit einem fulminanten Erfolg rechnen. Nachdem sie vor zwei Wochen mit herzigen Ferkel-Bildern auf den Plakaten obsiegten, sind die grünen Wahlkampfmanager gerade in ganz Österreich unterwegs, um alle verfügbaren Kätzchen- und Welpenfotos aufzukaufen. Damit die Politik nicht zu kurz kommt, werden diese allerdings mit knallharten Polit-Slogans wie "Mei, so liab" und "Voll süß" versehen werden.
Als gelernte Österreicher wissen wir freilich: Egal, wie die Wahl ausgeht, danach geht die Große Koalition weiter. Sie wird das Thema Steuerreformtermin dann aber völlig neu anpacken. Statt einer Steuerreformtermin-Kommission wird sie ein ganzes Steuerreformtermin-Ministerium einrichten, mit eigenen Sektionen für 2015, 2016, 2017 und so weiter bis hin zu einer - personell und büromöbelmäßig besonders gut ausgestatteten - St.-Nimmerlein-Sektion. Sektionschef wird Michael Spindelegger, der nach dieser Wahl ja viel Tagesfreizeit haben dürfte.