Dabei hatte es so gut begonnen. Zu Schulbeginn hatte er mit dem Siebenjährigen ein wöchentliches Taschengeld von fünf Euro vereinbart. Plus Bezahlung der Handyrechnung, versteht sich. Plus - das hatte Albin geschickt herausverhandelt - einen Bonus von drei Euro pro Einser im Semesterzeugnis.
Gut, dieser Bonus wurde nicht fällig, was Pospischil aber nur wenig erfreute. Noch viel weniger erfreute ihn die monatliche Steigerung der Handyrechnung. Und schon gar nicht erfreute ihn, dass Albin knapp vor Weihnachten seinem Schulfreund Georg um 95 Euro dessen Autorennbahn abkaufte. Einfach so. "Ja, bist du des Wahnsinns", tobte der Vater. "Warum?", fragte Albin scheinheilig. "Na, weil das dein Taschengeld für mehr als vier Monate auffrisst!" - "Das macht doch nichts", antwortete der Knabe.
Es machte aber schon was. Nach drei Wochen konnte Albin die Raten an Georg nicht mehr bezahlen, weil er sein Taschengeld lieber für Wurstsemmeln und Schokolade ausgab. Georg haute seinem Freund eine herunter. Als das nichts half, ging er zu seinem Vater. Und der ging zu Pospischil.
Peinlich war das! Pospischil musste dem Vater von Georg zusichern, dass sein Sprössling die Schulden schon bezahlen werde. Dann redete er ein ernstes Wort mit Albin.
Dabei stellte sich heraus, dass sein lieber Sohn a) zahlungsunfähig und b) völlig uneinsichtig war. Da Georgs Autorennbahn keinen Looping aufwies, hatte er mittlerweile bei einem anderen Mitschüler, Felix, einen Looping gekauft. Um 25 Euro. Ein absolutes Schnäppchen, wie Albin versicherte. Pospischil raufte sich die Haare.
"Du musst deine Finanzen in den Griff bekommen", schrie er. "Beruhige dich", mahnte seine Frau begütigend. Sie machte sich erbötig, dem Buben ins Gewissen zu reden. Zur Verstärkung nahm sie die beiden Lieblingstanten Albins mit. Als die drei Frauen - "die Troika", wie ihnen Pospischil scherzhaft hinterherrief - das Kinderzimmer betraten, bestellte Albin im Internet gerade eine elektronische Zeitnehmungsanlage für die Autorennbahn. "Ja, bist du des Wahnsinns", rief die Mutter. "Das sagt Papa auch immer", antwortete Albin ungerührt.
Die Pospischils begannen auf hart zu schalten. Sie nahmen ihrem Sohn das Handy weg und überwiesen sein Taschengeld direkt an Georg. "Damit du finanziell wieder auf Gleich kommst", sagte der Vater belehrend. "Bäh, das machst du nur, damit dich der Vater vom Georg auf der Straße nicht mehr so bös anschaut", maulte Albin. "Und überhaupt: Es geht euch gar nicht um mich, es geht euch nur um die Finanzströme!"
Finanzströme? Pospischil wurde stutzig. Woher hatte sein Sohn dieses Wort? Eine Nachschau im Kinderzimmer ergab, dass Albin den Wirtschaftsteil internationaler Zeitungen las. Die Folgen davon sollten die Eltern bald zu spüren bekommen.
"Es muss Schluss sein mit eurer Austeritätspolitik", ließ der aufgeweckte Jüngling am nächsten Tag beim Frühstück wissen. "Das ewige Sparen führt doch zu nichts. Höchstens in den Abgrund. Man muss aus der Krise heraus investieren!"
Bis zum Abend hatte Albin ein entsprechendes Programm ausgearbeitet: Erlass aller Schulden, Herausgabe des Handys, Verdreifachung des Taschengelds und "zur Ankurbelung des privaten Konsums", wie der Knabe altklug mitteilte, eine neue Superautorennbahn mit Doppellooping.
"Aber wer soll das alles bezahlen?", fragte Pospischil entgeistert. "Na, die Merkel", warf Albin lässig hin. "Am Ende zahlen immer die Deutschen!" Da entspannten sich Pospischils Züge. Bisher hatte er sich Sorgen gemacht, was aus seinem Sohn, der einfach nicht mit Geld umgehen konnte, einmal werden solle. Jetzt wusste er: Albin ging einer großen Zukunft entgegen. Als Wirtschaftsforscher. Oder als europäischer Regierungschef.