Nach den Trauerfeiern für Barbara Prammer rückt nun die Frage in den Mittelpunkt, wer der Verstorbenen im Nationalratspräsidium nachfolgt. Spekulationen gibt es bereits zuhauf, und interessanterweise verschwendet dabei niemand auch nur einen Gedanken daran, was die Abgeordneten wollen, die ja laut Verfassung den Besten aus ihrer Mitte zum Präsidenten wählen.
Nein, alle Spekulanten sind sich einig, dass SPÖ-Chef Werner Faymann die Prammer-Nachfolge entscheiden wird. Und niemand geht davon aus, dass er den Bestgeeigneten sucht, sondern es gilt als selbstverständlich, dass er ausschließlich nach Parteitaktik entscheidet.
Wie kann das sein? Woher kommt diese zynische Auffassung von Politik? Nun, an den Spekulierern liegt es nicht. Es liegt schon an den Parteien selbst. Denn das Auftauchen der roten Parteibuch-"Magna Charta" in der Salzburg AG hat ja wieder einmal hinreichend bewiesen, wie Politik funktioniert: genau so.
Legt man bei der Suche nach dem nächsten Nationalratspräsidenten also rein parteitaktische Maßstäbe an, kann es für die SPÖ nur einen einzigen Kandidaten geben: Heinz-Christian Strache. Denn die FPÖ zieht in Umfragen immer weiter davon, in der Frage nach dem besten Kanzlerdarsteller liegt Strache schon beinahe gleichauf mit Faymann, und ihre absolute Mehrheit hat die Große Koalition längst verloren. Da hilft jetzt nur noch ein Kraftakt.
Wie das geht, hat Bruno Kreisky vorgemacht, als er 1978 den Klubobmann der gegnerischen ÖVP, Stephan Koren, zum Nationalbankpräsidenten machte und dadurch parteipolitisch neutralisierte. Warum sollte Faymann das mit Strache nicht auch tun?
Man könnte einwenden: Weil Koren als Nationalbankpräsident um Lichtjahre geeigneter war als Strache für die Nationalratsspitze. Aber das sind angesichts der taktischen Erfordernisse letztlich Petitessen. Als Parlamentspräsident wäre der FPÖ-Chef zur Überparteilichkeit verpflichtet, dürfte keine parteipolitischen Reden mehr halten und müsste sich statt um Stimmenmaximierung künftig um das undichte Parlamentsdach und den Empfang ausländischer Gäste kümmern. Straches Reim-Wart Herbert Kickl dürfte nicht mehr Heimatliebe auf Marokkanerdiebe reimen, sondern müsste schöne Reden mit mahnenden Worten drechseln. Kurz gesagt: Die FPÖ wäre kopf- und reimlos - für Faymann ein paradiesischer Zustand. Kein anderer Nationalratspräsident wäre für ihn auch nur annähernd so nützlich.
Und Strache, der immer die Ausgrenzung der FPÖ bejammert, könnte eine so ehrenvolle Wahl ins zweithöchste Amt im Staat kaum ablehnen. Man darf gespannt sein.