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Straches Oktoberrevolution

Alexander Purger

Was wurde eigentlich aus Claudia Schmied? Dieser Frage sind die Kollegen der "Presse" nachgegangen und haben auch eine Antwort gefunden. Die frühere Unterrichtsministerin unterrichtet an der Innsbrucker Uni - und das ist jetzt bitte kein Witz! - das Fach "Vermittlung von Freude am persönlichen Erfolg". Wenn man in Gedanken die Amtszeit von Frau Schmied Revue passieren lässt, muss das eine ziemlich freudlose Vorlesung sein.

Für viel Freude sorgt hingegen Heinz-Christian Strache, indem er seine Wahlplakate für die Wiener Landtagswahl am 11. Oktober geschmackssicher wie immer gestaltet. Er ruft darauf zur "Oktoberrevolution" auf. Oktoberrevolution? War da nicht was? Ah ja: 1917 gelangten dadurch die Bolschewiken in Russland illegal an die Macht. Daraufhin stürzten sie das Land in einen jahrelangen, blutigen Bürgerkrieg, schufen mit der Geheimpolizei Tscheka ein brutales Terrorinstrument, das seinesgleichen suchte, und entfalteten überhaupt ein Schreckensregime, das im Laufe der Jahrzehnte viele Millionen Opfer forderte.

Gut, dass uns der FPÖ-Chef rechtzeitig mitteilt, wie er sich das Regieren vorstellt. Er will also ein wirklich Rotes Wien schaffen. In weiser Voraussicht wurde er beim "Jedermann" bereits mit der "Internationalen" begrüßt.

Zu den eher kuriosen Folgen der russischen Oktoberrevolution von 1917 zählte, dass daraufhin eine Reihe von typisch sowjetischen Vornamen kreiert wurde. Glühende Revolutionäre nannten ihre Kinder fortan Marxena (zusammengesetzt aus Marx und Engels), Ninel (Lenin rückwärts), Marlen (Marx und Lenin) oder Melor (Marx, Engels, Lenin und Oktoberrevolution).

Nach der Oktoberrevolution von 2015 wird es daher in Wien bald vor Strakis (Strache und Kickl), Ehcarts (Strache rückwärts), Straguds (Strache und Gudenus) oder Kigustros (Kickl, Gudenus, Strache und Oktoberrevolution) wimmeln. Für die kleinen Ehcarts wird es vielleicht sogar eine eigene Zeitung geben - den "Ehcartsboten".

Die genannten Mitstreiter Straches sollten sich allerdings ernste Sorgen machen. Denn in der Sowjetunion war es üblich, dass der jeweilige Machthaber sich seiner ehemaligen Kampfgefährten mittels Eispickeln und dergleichen Gerätschaften entledigte.

Nur Lenin sollte ewig leben. Nach seinem Ableben wurde er einbalsamiert und in einem gläsernen Sarkophag ausgestellt. Wie durch ein Wunder blieb der Leichnam durch Jahrzehnte unversehrt und schien sich der irdischen Vergänglichkeit zu entziehen. Erst nach dem Ende der Sowjetunion stellte sich heraus, dass ein ganzes Heer von Wissenschaftern in der "Kommission für die Unsterblichkeit des Gedächtnisses an Lenin" diesem Wunder in mühevoller Spachtelarbeit nachgeholfen hatte.

Man darf davon ausgehen, dass auf dem Roten Platz vor dem Wiener Rathaus statt des Christkindlmarktes dereinst ein Strache-Mausoleum steht, wo man den Oktoberrevolutionsführer von 2015 noch in fernen Tagen in einem gläsernen Schneewittchensarg wird bewundern können.

Zuvor wird Strache aber noch die Probleme Wiens lösen. Der Wohnmisere wird er begegnen, indem er die gute alte Sowjettradition der Mehrparteienwohnung wieder aufleben lässt. Ein Zimmer pro Familie und ein Bad und eine Küche für alle - das schuf schon damals eine echte Volksgemeinschaft.

Zudem wird er auf eine permanente Weltrevolution setzen und die Strache'sche Besatzungszone von Wien bis zur Enns ausdehnen. Salzburg wird von den Segnungen der Oktoberrevolution also nicht profitieren. Denn wenn Strache Wiener Bürgermeister wird, kann er nicht Bundeskanzler werden. Den Ostösterreichern wird er aber viel Freude an seinem persönlichen Erfolg vermitteln.