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Von Nikolo, Krampus und Niccolò

Alexander Purger

Krampus und Nikolo sind die Dioskuren des Advents. Für unsere kleinen Snuppi-Leser: Dioskuren sind ein kongeniales Männerpaar. Zum Beispiel Castor und Pollux im klassischen Griechenland. Goethe und Schiller im klassischen Weimar. Oder (man darf sie durchaus im selben Atemzug mit den obigen nennen!) Faymann und Mitterlehner in der klassischen Großen Koalition.

Krampus und Nikolo gehören untrennbar zusammen, auch wenn sie stets das Gegenteil des anderen wollen. Wenn der Krampus die Kinder mit der rasselnden Eisenkette züchtigen möchte, will der Nikolo sie mit Apfel, Nuss und Mandelkern belohnen. Möchte der Krampus die Kinder in seine finstere Buckelkraxen sperren, will der Nikolo ihnen begütigend das Haupt tätscheln. In der bereits erwähnten Großen Koalition würde man die beiden somit als Spiegelminister bezeichnen.

Diese sonderbare Einrichtung wurde von SPÖ und ÖVP ersonnen, damit nur ja kein Minister irgendetwas tun kann. Wenn zum Beispiel die krampusschwarze Innenministerin einen Plan hat, dann darf sie ihn nicht etwa verwirklichen. Nein, sondern sie muss erst ihren Spiegelminister, den nikoloroten Verteidigungsminister, um Erlaubnis fragen. Der sagt natürlich Nein, woraufhin die Innenministerin, wenn einmal der Verteidigungsminister einen Plan hat (was allerdings selten vorkommt), dann klarerweise ebenfalls Nein sagt.

Langer Rede kurzer Sinn: Es ist ein Glück für die Kinder, dass Krampus und Nikolo bloß Dioskuren und keine Spiegelminister sind. Sonst gäbe es weder heute noch morgen Süßigkeiten und Brauchtum, sondern nur endlose Streitereien. Krampus und Nikolo würden einander nach dem Spielgelministerrat auf offener Bühne beflegeln, sich gegenseitig mit Vetodrohungen eindecken und an Neuwahlen denken. Am Ende würden sie eine Arbeitsgruppe gründen, eine Reform bis zum Krampus- und Nikolotag 2025 in Aussicht stellen, und am Ende würden sie eine progressive Brauchtumssteuer auf Eisenketten, Buckelkraxen, Apfel, Nuss und Mandelkern einführen. Mit Freibeträgen für kleine und mittlere Kopfnussbezieher.

Aber so ist das halt in der Politik, wusste schon der zweitberühmteste Nikolo von allen, Niccolò Machiavelli: "Wenn schwache Männer zu beraten und beschließen haben, werden in zweifelhaften Lagen, wo Mut zur Entscheidung nötig wäre, zweideutige Beschlüsse gefällt. Nicht weniger schädlich als die zweideutigen Beschlüsse sind die langsamen und späten." - Das, liebe Snuppi-Leser, ist kein Kommentar zur aktuellen Regierung in Österreich. Diese Sätze sind 500 Jahre alt.

Auch über den Zweck des heutigen Versorgungsstaates wusste der Nikolo aus der Toskana schon alles: "Regieren ist nichts anderes, als die Untertanen so zu halten, dass sie einem weder etwas anhaben können noch wollen. Dies erreicht man entweder dadurch, dass man sich ihrer vollkommen versichert, indem man ihnen jede Möglichkeit entzieht, einem zu schaden, oder dadurch, dass man ihnen so viel Gutes erweist, dass es unvernünftig wäre, eine Änderung ihres Zustandes zu wünschen."

Machiavelli sah freilich voraus, dass die Politik des Gutes-Tuns eher früher als später an ihre Grenzen stößt und in enorme Steuerlasten mündet: "Nichts verbraucht sich selbst so wie die Freigebigkeit, denn indem du sie übst, verlierst du die Fähigkeit, sie zu üben, und du wirst entweder arm oder verächtlich oder, um der Armut zu entgehen, raubgierig und verhasst."

Zum Abschluss vielleicht noch ein letzter, überaus aktueller Ausspruch des großen Philosophen Niccolò, der völlig zu Unrecht als Krampus gilt: "Ein Fürst, der nicht weise ist, kann niemals weise beraten werden." - So weit die Nikolo-Geschenke für heuer.