Sie wissen sicher, was die Wienwoche ist. Die Wienwoche ist ein Schulausflug, bei dem die Schüler die größten Sehenswürdigkeiten der Bundeshauptstadt (etwa die Kinderkrippe von Sebastian Kurz oder das Geburtshaus von Christian Kern) besichtigen. Und wenn sie wieder daheim sind, verarbeiten die Schüler ihre aufwühlenden Erlebnisse in einem mindestens dreiseitigen Schulaufsatz mit dem Titel "Das war eine schöne Wienwoche".
Seit Neuestem gibt es aber auch noch eine zweite Bedeutung: "Wienwoche" ist nämlich ein antikapitalistisches Kulturprojekt, das jüngst in die politische Debatte geraten ist, weil es von der Stadt Wien aus Steuermitteln mit antikapitalistischen 450.000 Euro gefördert wird. Für dieses Sümmchen singt das Projekt das Lob der Faulheit und stellt eine wirklich brennende Frage: "Was wäre, wenn das süße Nichtstun nicht das Privileg einiger weniger, sondern das Recht aller wäre?"
Nun, diese Frage ist ebenso berechtigt wie leicht zu beantworten: Super wäre das! Eine Rückkehr ins Paradies, aus dem wir einst mit dem Fluch "Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen" vertrieben wurden! Höchste Zeit, wieder einzuziehen. Denn warum soll das süße Nichtstun nur das Privileg unserer Bundesregierung sein?
Die Große Koalition wurde schon in der Vergangenheit zu Recht als größte Nichtregierungsorganisation des Landes gepriesen. Nach dem Kanzlerwechsel erlitt die Regierung einen kleinen Rückfall in bedenkliche Betriebsamkeit, jetzt hat sie dem Arbeitslaster aber endgültig abgeschworen. Seither lebt die Regierung in paradiesischen Zuständen.
Das heißt: nicht ganz. Bildliche Darstellungen des Garten Eden zeigen ja nicht nur die müßig umhergehenden ersten Menschen bei ihrem antikapitalistischen Kulturprojekt. Nein, sie zeigen auch, wie Lamm und Löwe friedlich beieinanderliegen, wie Fuchs und Henne einander herzen und wie Taube und Falke einträchtig auf einem Zweiglein sitzen.
In dieser Beziehung lässt unsere Regierung noch etwas zu wünschen übrig. Nur zu gern würde man sehen, wie Georg Niedermühlbichler und Sebastian Kurz friedlich beieinanderliegen, wie Hans Jörg Schelling und Thomas Drozda einander herzen und wie Christian Kern und Wolfgang Sobotka einträchtig auf einem Zweiglein sitzen.
Aber nein, in Sachen Streit huldigen SPÖ und ÖVP einer völlig unparadiesischen, zutiefst kapitalistischen Arbeitsethik: Je mehr, desto besser! Wenn sie so weitermachen, werden die Schüler in ihrer Wienwoche künftig auch die Ruinen der SPÖ- und der ÖVP-Zen trale besuchen können. Als Mahnung an die Vergänglichkeit alles Irdischen.

