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Wer ist in Österreich regierungsfähig?

Kann die FPÖ regieren? Andere Frage: Kann es die Große Koalition?

Alexander Purger

War der Kanzlerwechsel in der SPÖ ein geschickter Schachzug, um Norbert Hofer als Bundespräsidenten zu verhindern? Auch wenn keine Absicht im Spiel war, so ist der Effekt doch klar ersichtlich.

Denn wäre Werner Faymann im Amt geblieben, hätte die Regierung weiterhin ein klägliches Bild geboten und dem blauen Präsidentschaftskandidaten die Proteststimmen zugetrieben. So aber signalisierte die Koalition mit Christian Kern einen zumindest personellen Neubeginn, was doch einige Wutbürger besänftigt haben dürfte. Man kann daher die Prognose wagen, dass die Bundespräsidentenwahl ohne den Führungswechsel in der SPÖ wohl anders ausgegangen wäre.

Die knappe Wahl Alexander Van der Bellens wird nun als großer Sieg des sogenannten Guten über das sogenannte Böse gefeiert. In Wahrheit ist dieser Wahlausgang für die weiteren Aufstiegschancen der FPÖ sehr günstig. Die Wahl eines blauen Bundespräsidenten wäre den Kanzlerambitionen von Parteichef Heinz-Christian Strache eher hinderlich gewesen. So aber kann er die FPÖ weiterhin als Alternative zum rot-schwarzen und nun eben auch noch ein bisschen grünen System anpreisen.

Wenn die Regierung nicht rasch in die Gänge kommt, wird die FPÖ-Doppelspitze Strache/Hofer bei der nächsten Nationalratswahl einen schönen Wahlsieg feiern. Die große Frage lautet: Was passiert dann? Sind die Freiheitlichen regierungsfähig?

Ein Regierungseintritt würde für die FPÖ zweifellos eine Zerreißprobe darstellen. Denn als Oppositionspartei bieten sich die Freiheitlichen als Projektionsfläche für alle Wünsche und Hoffnungen an. Am 1. Mai stellte sich Strache als Nachfolger von Bruno Kreisky und die Blauen als die besseren Sozialdemokraten dar. Bei Auftritten vor Wirtschaftstreibenden positioniert er die Blauen hingegen als die bessere ÖVP. Diese politisch verständliche Doppelstrategie hat bei einem Regierungseintritt notgedrungen ein Ende. Dann muss sich die Partei für einen Kurs entscheiden, und das hat die FPÖ schon in ihrer Regierungsperiode ab dem Jahr 2000 arg gebeutelt und schließlich in die Parteispaltung getrieben.

Angesichts der enormen Problemlage, die in Österreich herrscht, würde die FPÖ als Regierungspartei auch diesmal von Anfang an in Turbulenzen geraten. Was aber nicht von vornherein bedeutet, dass man ihr die Regierungsfähigkeit absprechen kann. Denn die Latte liegt diesbezüglich tief in Österreich. Ob die rot-schwarze Koalition mit ihrem Sozialpartnerklotz am Bein noch regierungsfähig ist, muss sie in den nächsten Monaten erst beweisen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre darf man leise Zweifel haben.