SN.AT / Kolumne / Purgertorium / Purgertorium

Wie hieß der letzte ÖVP-Obmann?

Will Reinhold Mitterlehner überleben, muss er endlich modern werden. Bäume umarmen und so.

Alexander Purger

Wie hieß der Mann nur? . . . Michael. Ja, Michael. Und weiter? . . . Irgendwas mit S . . . Ah ja, Spindelegger! Michael Spindelegger. Vor zwei Monaten war er noch einer der wichtigsten Männer der Republik, heute erinnert man sich kaum mehr an seinen Namen. So viel zur Prominenz von Politikern.

Spindeleggers Platz an der Prominenzler-Sonne hat sein Nachfolger Reinhold Mitterlehner eingenommen. In den Wiener Boulevardmedien wird er hofiert und als großer Reformer gefeiert, der den Kampf um Platz eins wieder spannend mache. (So schreibt der Wiener Boulevard immer über einen neuen ÖVP-Chef, weil das ist gut fürs Geschäft.)

In Bälde wird dann geschrieben werden, was für ein verzopfter Reformbremser dieser Mitterlehner ist und dass sein Obmannsessel bedenklich wackelt. (So schreibt der Boulevard immer über einen nicht mehr neuen ÖVP-Chef, weil das ist gut fürs Geschäft.) Das Lustige daran ist: Der jeweilige ÖVP-Chef und seine Partei glauben beides immer wieder.

Und in Kürze wird man sich dann das Gehirn zermartern: Wie hieß dieser Mann doch gleich? Irgendwas mit Reinhold . . .

Möglicherweise wird diesmal aber auch alles anders. Möglicherweise wird Mitterlehner die ÖVP diesmal wirklich modernisieren und an die neue Zeit anpassen, wie es ihm die Medien und die Konkurrenz durch die Neos so dringend nahelegen. Etwa so:

ÖVP-Funktionäre gehen ab sofort an keinem Baum mehr vorbei, ohne ihn zu umarmen, und Mitterlehner beginnt bei Interviews wild mit den Armen zu fuchteln.

Die ÖVP - bisher gegenüber dem Reißverschlusssystem äußerst zugeknöpft - beschließt eine 50-prozentige Frauenquote. Jeden zweiten Tag führt Frau Mitterlehner die Partei.

Die ÖVP legt sich ein modernes Familienbild zu. Die Karenzzeit für Mütter wird abgeschafft, um die Frauen nicht länger an den Herd zu ketten. Verzopfte Eheschließungen zwischen Frauen und Männern werden aus den Standesämtern verbannt.

Das ebenfalls verzopfte Pochen auf einen Sparkurs wird aufgegeben und durch eine moderne Ausweitung der staatlichen Kreditaufnahme ersetzt. Das klientelpolitische Nein zu Vermögenssteuern fällt.

Nicht erneuert werden muss die ÖVP-Politik gegenüber dem Bundesheer. Die ist bereits überaus modern und abrüstend.

Erneuert wird aber die verzopfte ÖVP-Bildungspolitik. Die Gesamtschule ist dabei eine Selbstverständlichkeit, im Sinne der Chancengleichheit werden zudem eine Matura und ein akademischer Titel für alle eingeführt.

So könnte es doch noch gelingen, die ÖVP zu einer modernen Kleinpartei zu machen.