Was das ist? Coaching ist englisch und heißt Training. Training ist ebenfalls englisch und heißt Unterweisung. Es handelt sich also um Unterweisungsschauen. In einer dieser Sendungen unterweisen zum Beispiel drei Kochunterweiser einen bis dahin un-unterwiesenen Koch im richtigen Kochen. Am Beginn der Sendung ist der Koch sehr traurig, weil sein Lokal schlecht geht. Dann kommen die Unterweiser. Und am Ende strahlt der Koch, weil sein Lokal von Kunden nur so gestürmt wird.
So weit, so deutsches Privatfernsehen. Mit der Realität haben diese Schauen freilich nichts zu tun, denn die Unterweiser raten dem Koch immer dazu, besser zu kochen, die internen Abläufe zu optimieren, die Kostenstruktur zu überarbeiten und also in Summe für ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis zu sorgen. - Und was, bitte, soll daran realistisch sein?
Unsere Regierung weiß doch sicher besser, was in so einem Sanierungsfall zu tun ist, als irgendwelche dahergelaufenen Kochunterweiser von VOX oder RTL. Wie würde also unsere Regierung das Problem anpacken? Mal sehen:
Der Koch sitzt betrübt in seiner Küche und stochert verdrießlich im nicht bestellten Essen herum. Auftritt Werner F. und Michael S. - die Unterweisungsprofis. Blitzschnell erfassen sie die Lage und berufen eine Taskforce sowie eine Untersuchungskommission ein. Keine vier Jahre später liegt auch schon ein ausgefeilter Plan zur Rettung des krisengeschüttelten Wirtshauses vor. Es kommt zur Umwandlung in ein "Bad Restaurant", zu deutsch "Schlechtes Wirtshaus".
In weiterer Folge setzen Werner F. und Michael S. ein ambitioniertes 23-Punkte-Reformprogramm um:
1. Die Preise im Wirtshaus werden in Form einer kalten Kompression jährlich um vier Prozent erhöht.
2. Im Rahmen einer Strukturreform wird die Zahl der Tische im Lokal schrittweise um 30 Prozent gesenkt.
3. An jedem Tisch werden die Zahnstocher, Servietten und Stühle eingespart ("Kürzung der Ermessensausgaben").
4. Werner F. und Michael S. holen mittels streng objektiver Postenvergabe je drei Verwandte in die Lokalführung.
5. Die staatliche Förderung für die Unterweiser wird verdoppelt.
6. Die Öffnungszeiten des Wirtshauses werden auf je zwei Stunden an drei Tagen pro Woche reduziert.
7. Rauchen, Trinken und salzhaltige Speisen im Lokal werden verboten.
8. Die Unterweiser versprechen eine ehestbaldige Preissenkung.
9. Die Unterweiser führen eine kräftige Preiserhöhung durch.
10. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, wird bei Wirtshausrechnungen künftig das Datum dazugerechnet.
11. Die vorstehende Regelung wird um die Uhrzeit erweitert.
12. Die Unterweiser versprechen auf Plakaten, mit sicherer Hand zu kochen.
13. Die Menüpreise werden "moderat", wie es heißt, angehoben. Gleichzeitig werden Vor- und Nachspeise gestrichen.
14. Alle Köche und Kellner werden entlassen ("Bürokratieabbau").
15. Da unverständlicherweise die Gäste ausbleiben, wird eine Wirtshaus-Pflichtmitgliedschaft eingeführt.
16. Aus Spargründen werden nach den Stühlen auch die Tische gestrichen.
17. Die Speisekarte wird gegendert: der Leberknödel - die LeberknödlIn.
18. Die Unterweiser einigen sich auf die Einführung von Gratis-Pommes.
19. Die Unterweiser führen eine progressive Bierdeckel-Steuer ein.
20. Wegen eines bedauerlichen Datenlecks wird Restauranttestern das Betreten des Lokals verboten.
21. Im Rahmen eines restriktiven Budgetvollzugs werden die Küche und die Schank geschlossen.
22. Die Zwangsbeiträge der Pflichtgäste werden 14 Mal jährlich eingehoben.
23. Die Unterweiser versprechen eine drastische Preissenkung, "sobald sie budgetär machbar ist". Also nie.
So saniert man ein Wirtshaus!