"Deutschland, du hast es besser". Unter diesem Titel wurde hier vor Kurzem auf die erstaunliche Entwicklung unseres deutschen Nachbarn hingewiesen, der sich binnen zehn Jahren vom wirtschaftlichen Hinterbänkler zum absoluten Vorzugsschüler Europas entwickelt hat. Österreich ist seit dem Wiederantritt der Großen Koalition im Jahr 2007 bekanntlich den umgekehrten Weg gegangen.
Die Deutschen profitieren von ihrem Höhenflug nicht nur durch eine beneidenswert niedrige Arbeitslosenrate und blendende Wirtschaftsdaten, sondern auch durch eine vergleichsweise komfortable Lage, was die Bewältigung der derzeitigen Völkerwanderung betrifft. Die Integration der Hunderttausenden Ankommenden ist zwar auch dort ein Problem, aber nur sekundär ein finanzielles. Wer sich wie die Deutschen in den letzten Jahren Milliarden an Budgetüberschüssen erwirtschaftet, erspart und er-reformiert hat, kann jetzt leicht "Wir schaffen das" sagen.
In Österreich hingegen wird die Integration der Migranten nicht nur ein menschliches und gesellschaftliches, sondern auch ein eminentes finanzielles Problem werden. Schon jetzt hört man aus Schulen, dass die Lehrer zart dazu gedrängt werden, die nötigen Zusatzstunden für die Migrantenkinder doch bitte gratis zu halten, weil der Staat kein Geld für Überstunden hat. So sehen die finanziellen Voraussetzungen aus, mit denen unser Land an die Bewältigung einer der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte schreitet.
Denn es besteht kein Zweifel: Die Integration der bisher Angekommenen und der noch Kommenden wird eine viele Jahre dauernde und viele Milliarden erfordernde Aufgabe sein. Man denke nur an die Kosten der Mindestsicherung, die Kosten der Sprachkurse, die Kosten des Förderunterrichts für die Migrantenkinder und die Kosten der Berufsausbildung. Experten gehen mittlerweile davon aus, dass erst die Kinder- und Enkelgeneration der heutigen Migranten von Nettoempfängern zu Nettozahlern unseres Sozialstaates werden können.
Doch nicht nur aus finanziellen Erwägungen, auch im Interesse der Betroffenen muss danach getrachtet werden, sie möglichst rasch zu auf eigenen Beinen stehenden und damit zufriedenen Mitbürgern zu machen. Dies erfordert zunächst kräftige Investitionen, um die Potenziale der Flüchtlinge und Migranten zu erkennen und zu heben.
Dies ist, wie gesagt, eine Herausforderung, wie sie Österreich schon lange nicht mehr zu bewältigen hatte. Außer der Forderung, die damit verbundenen Kosten aus der EU-Defizitstatistik herauszurechnen, liegen bis dato jedoch keine Finanzierungsvorschläge vor. Vielleicht wäre die Regierung gut beraten, ihre Streitereien um Obergrenzen und Fingerprints einzustellen und stattdessen einen Finanzplan für die Integration zu entwerfen.

