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Die Mittelmeerroute und der G20-Gipfel

Die Fluchtbewegung ist das Ventil eines ungerechten Weltwirtschaftssystems.

Fritz Messner

Die lautstarke Forderung nach baldiger Schließung der Mittelmeerroute ist wohl die billigste Art, politisches Kleingeld im Wahlkampf zu machen. Ich bin mir auch völlig sicher, dass das jedem einzelnen Politiker, der das in den letzten Wochen getan hat, klar ist.

Denn jedem, der sich auch nur ein bisschen in das Problem einliest, wird in kürzester Zeit klar, dass der Schlüssel zu dessen Lösung weder an den Küsten Italiens noch an denen der politisch unberechenbaren afrikanischen Mittelmeerstaaten liegt, sondern in den Ursprungsländern der Flüchtlinge, und dass es keine kurzfristige Lösung geben kann. Solange sich in Afrika Menschen in einer negativen Spirale aus Bevölkerungsexplosion, Klimawandel, Krieg, Hunger, wirtschaftlicher Ausweglosigkeit und politischer Unsicherheit befinden und keine Hoffnung auf Besserung haben, werden Millionen flüchten und es werden sich immer neue Wege finden und neue Strukturen bilden, die sie nach Europa bringen.

Letzte Woche haben sich in Hamburg die 20 stärksten Wirtschaftsmächte getroffen und ein Weltwirtschaftssystem einzementiert, das den Handel zwischen den reichen Staaten fördert und die Hunger- und Flüchtlingsmaschine in Afrika weiter antreibt. Afrika ist in diesem System nur billige Quelle für wertvolle Rohstoffe, Deponiegelände für Giftmüll und Absatzmarkt für Produktionsüberschüsse und Waffen.

Von einem "Marshallplan für Afrika", wie im Vorfeld angedeutet, war keine Rede mehr. Aber genau das wäre wahrscheinlich der einzige Weg, die Mittelmeerroute auf lange Sicht wirklich obsolet zu machen. Einfacher ist natürlich, ohne konkreten Anlass von Panzern am Brenner zu faseln und mit der geschürten Angst ein paar Wählerstimmen abzustauben.