Zuerst hat sich Sebastian Kurz von den rot-schwarzen Niederungen der Tagespolitik losgelöst und schwebt nun im Umfragehoch als reine Lichtgestalt über der Parteienlandschaft, so als hätte er nicht jahrelang in der bösen Koalitions regierung alles brav mitbeschlossen. Das nennt man wohl Kurzzeitgedächtnis. Ungeachtet dessen überschlägt sich der Boulevard förmlich mit Lobeshymnen wie in den besten Zeiten des aufstrebenden Karl-Heinz Grasser. Auch die ehemalige ÖVP, die sich von der Liste Kurz quasi adoptieren ließ, ergeht sich - einen Wahlsieg erhoffend - in regelmäßigen Unterwerfungsgesten bis hin zur Änderung der Parteifarbe: Schwarz ist jetzt türkis!
Noch bunter treiben es derzeit nur die Grünen. Nachdem sich ein Teil ihrer Jugend vertschüsst hat und als kampfanzuggrünes Beiwagerl den Sozius für die tiefroten Kummerl gibt, spaltet sich nun auch noch der vor Enttäuschung gallige Pilz ab und tritt wahrscheinlich als giftgrüner Konkurrent gegen die eigene Partei an. Die muss nun gewaltig aufpassen, nicht als überstandiges, schimmelgrünes Restl in der Biotonne des Wählerwillens zu landen. Ähnlich könnte es den ehemals gummiballpinken NEOS gehen, die nach dem Abgang des halben Klubs irgendwie altrosa daherkommen.
Jetzt fehlt nur noch, dass man auch in der SPÖ nervös wird und beginnt, die Kernkompetenz anzuzweifeln. Dann könnte sich eine Gruppe um den panzerbrechenden Verteidigungsminister als bluthochdruckrote bzw. violette Phalanx selbstständig machen, um Richtung Zweigelt-Koalition zu marschieren.
Vor dieser Farbexplosion schaut die ewig kornblumenblaue FPÖ momentan eher altbacken aus der Opabrille ihres Spitzenkandidaten - so schnell ändern sich die Zeiten.