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Der Europatag erinnert daran, warum wir die EU brauchen

In Brüssel war das lange Wochenende noch länger: Die EU feierte am Montag die Idee von Frieden und Kooperation in Europa.

Stephanie Pack-Homolka

Der 9. Mai 1950 markiert die Geburtsstunde der europäischen Zusammenarbeit, wie wir sie heute kennen. An diesem Tag stellte der französische Außenminister Robert Schuman den Plan für die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl vor, der auf seinen Landsmann Jean Monnet zurückgeht. Dieser schlug vor, die Produktion von Kohle und Stahl länderübergreifend zusammenzulegen und unter die Aufsicht einer Behörde zu stellen. Beteiligen sollten sich Deutschland und Frankreich, die noch wenige Jahre zuvor Krieg geführt hatten, und alle anderen bereitwilligen Staaten.

Die Länder wurden so im Kalten Krieg aneinander gebunden - nicht zufällig durch diese beiden Industriezweige. Sie waren für die Rüstungsindustrie unabdingbar, die gemeinsame Kontrolle sollte eine friedenspolitische Wirkung haben. Kohle und Stahl bildeten außerdem wirtschaftlich wichtige Produktionszweige. Es wurde also ein europäischer Binnenmarkt für eine Schlüsselindustrie geschaffen.

Für viele Menschen aus der Kriegsgeneration ist die Aussicht auf ein dauerhaft friedliches Zusammenleben wohl Argument genug für die EU. Den nachfolgenden Generationen reicht das nicht mehr. Der Gedanke an Krieg auf dem Gebiet der heutigen EU scheint weit weg, für viele ist das nur mehr ein Kapitel für die Geschichtsbücher. Bedeutungslos ist die Union aber auch aus ihrer Sicht nicht, das zeigen Umfragen immer wieder. Die Mehrheit der EU-Bürger glaubt, Europa könne globale Probleme besser gemeinsam lösen - geht es um Klimawandel, um internationale Konflikte oder Wirtschaftsinteressen. Genau so, wie es der EU-Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP) zum Europatag formuliert hat: "Die EU ist Europas Antwort auf die Globalisierung."

Laut einer aktuellen Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik könnte die Mehrheit der Österreicher diese Ansicht teilen - oder zumindest diese Hoffnung. 60 Prozent sprechen sich weiterhin für eine EU-Mitgliedschaft aus. Dieser Wert ist seit dem EU-Beitritt relativ stabil.

Besonders hoch war die Zustimmung zur Union laut den Umfragen auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008, in der Flüchtlingskrise ging sie leicht zurück. Was das zeigt? Die Rückendeckung für die EU ist nicht bedingungslos. Kann sie große Probleme nicht lösen, schmilzt in gleichem Maße der Rückhalt in der Bevölkerung. Was die Umfragen aber auch zeigen: Hinter der europäischen Zusammenarbeit, die vor 66 Jahren ihren Anfang nahm, steht im Grundsatz eine Mehrheit. Wer glaubt, Österreich oder andere Länder wären ohne die EU besser dran, ist in der Minderheit. Das gilt umso mehr, je komplexer die Probleme werden. Die Finanzkrise ist das beste Beispiel.

Die Flüchtlingskrise könnte ein weiteres sein - wenn sich die EU auf den Grundgedanken der Zusammenarbeit besinnen könnte.