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Die Niederlande treten in große Fußstapfen

Luxemburg hat es demonstriert: Mit dem EU-Ratsvorsitz kann ein Land sehr wohl noch die Marschrichtung vorgeben.

Stephanie Pack-Homolka

Zum zwölften Mal in der Geschichte der EU übernehmen die Niederlande am 1. Jänner für sechs Monate den Ratsvorsitz. Seit dem ersten Mal hat sich viel geändert. Der Ratsvorsitz ist mit weniger Prestige, weniger repräsentativen Tätigkeiten und weniger Macht verbunden.

Seit dem Vertrag von Lissabon gibt es einen eigenen Ratspräsidenten, der die EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs vorbereitet und leitet. Diese finden nicht mehr wie früher im Land des Vorsitzes statt, sondern planmäßig vier Mal im Jahr in Brüssel. Allein die informellen Treffen der Fachminister, die in den verschiedenen Formationen des Rates zusammen kommen, werden im Vorsitzland abgehalten.

Inhaltlich führt die Ratspräsidentschaft aber bei allen Treffen der Fachminister Regie. Ob Innen-, Umwelt- oder Finanzminister - die Luxemburger haben in den vergangenen sechs Monaten alle Treffen vorbereitet und entschieden, was dort auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Völlig freie Hand haben die Staaten bei dieser Entscheidung freilich nicht. Welche Gesetzesinitiativen von der Kommission auf den Tisch kommen, das bestimmt letztlich, womit sich Rat und Parlament befassen müssen. Der Ratsvorsitz kann Prioritäten setzen, welche anstehenden Projekte er zügig behandeln will.

Die luxemburgische Präsidentschaft hatte in den vergangenen Monaten wenig Wahl. Noch nie war die Europäische Union mit einer solchen Dichte an Problemen gleichzeitig konfrontiert: Griechenland stand kurz vor dem Bankrott; mit der Ukraine-Krise tobt ein bewaffneter Konflikt direkt vor den Toren der EU; in Syrien treibt der Bürgerkrieg zigtausende Menschen in die Flucht über das Mittelmeer; der "Islamische Staat" (IS) brachte den Terror ein zweites Mal in diesem Jahr nach Paris und damit mitten nach Europa. Die Themen waren gesetzt, aber die Luxemburger legten definitiv fest, wie sie angepackt werden.

Besonders in der Flüchtlingskrise und bei der Terrorbekämpfung waren die Initiativen des Gründungsmitglieds von immenser Bedeutung. Vom Verteilungsschlüssel bis zur Speicherung der Fluggastdaten brachten die Luxemburger Entscheidungen zustande, die durchaus nicht einfach waren.

Die Niederlande haben sich nun vor allem ein Ziel gesetzt: Die Umsetzung dieser Beschlüsse voranzutreiben. Vor allem die Maßnahmen zur Bekämpfung der Flüchtlingskrise sollten im nächsten Halbjahr über die Bühne gehen, hofft man in Ratskreisen. Nicht nur, weil die Zeit in der Flüchtlingskrise ganz generell drängt. Mit 1. Juli werden die Slowaken von den Niederländern den Vorsitz übernehmen. Geteilte Verantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen haben sie bisher abgelehnt. Sie würden sie wohl auch künftig nicht forcieren.